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Afghanische Frau gesteinigt

29-Jährige im Nordosten des Landes grausam öffentlich hingerichtet. Von Mann des Ehebruchs bezichtigt. Zweiter Fall nach Taliban-Sturz. Kabul will Vorfall untersuchen

DELHI taz ■ Eine afghanische Frau ist in Afghanistan öffentlich gesteinigt worden. Der Vorfall ereignete sich am letzten Donnerstag in einem Dorf des Bezirks Urgu in der Provinz Badakschan im äußersten Nordosten des Landes.

Die 29-jährige Amina sei, nachdem der lokale Priester das Urteil ausgesprochen habe, von ihrem Ehemann und von Behördenvertretern aus ihrem Haus gezerrt und dann von Männern des Dorfs getötet worden. Ihr Mann war vor kurzem nach fünf Jahren Abwesenheit aus dem Iran nach Hause zurückgekehrt. Seine Frau verlangte darauf eine Trennung, worauf er sie des Ehebruchs beschuldigte. Der ebenfalls angeklagte angebliche Ehebrecher wurde mit hundert Peitschenhieben bestraft und darauf freigelassen.

Die Scharia sieht für Ehebruch schwere Strafen vor, von Auspeitschung bis Tod. Unter den Taliban war es häufiger zu solchen Urteilen gekommen. Seit dem Sturz des Taliban-Regimes im November 2001 sind staatlich eingesetzte Gerichte für solche Vergehen zuständig. Dennoch ist es bereits das zweite Mal seit 2001, dass eine Frau in der Provinz Badakschan das Los der Steinigung ereilt hat. Ein Sprecher des Verfassungsgerichts in Kabul erklärte, das Gericht habe, um eine Untersuchung über den Vorfall durchzuführen, einen Vertreter nach Badakschan geschickt. In der Provinzhauptstadt Faisabad sind Bundeswehrsoldaten stationiert.

Das Verhalten der Dorfbewohner ist aber nicht nur die Folge eines schwach ausgebauten zivilstaatlichen Justizapparats im ländlichen Afghanistan. Dass sich die lokalen Behördenvertreter selbst aktiv an der Steinigung beteiligten, zeigt, dass die herrschenden gesellschaftlichen Einstellungen eine solche barbarische Rechtsprechung zulassen.

Im benachbarten Pakistan löste vor kurzem das Urteil eines Provinzgerichts einen Entrüstungssturm aus. Es ließ Männer frei, die vor zwei Jahren eine Frau vergewaltigt hatten, weil ihr Bruder angeblich die herrschende Kastenordnung verletzt hatte.

BERNARD IMHASLY

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