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Großes Theater um einen Handel

Staatsanwaltschaft droht im Bauwagenprozess: Entweder wird die Verteidigung brav oder der Deal um „Pilotprozess“ hinfällig – dann stünden 48 Einzelverfahren an

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat gedroht, den im Komplex um die Bauwagendemo „Einmal im Leben pünktlich sein“ geschlossenen Deal mit den Anwälten der 48 Angeklagten aufzukündigen, wenn diese nicht ihre offensive Strategie im „Pilotverfahren“ aufgebe. Das bestätigte Verteidiger Andreas Beuth auf Anfrage der taz. „Wenn wir weiter so ein Theater machen würden, so wurde mir telefonisch mitgeteilt, würde die Staatsanwaltschaft die anderen Verfahren wieder vorantreiben“, berichtet Beuth.

Die bundesweite Demonstration am 24. April 2004 mit 99 Wohn-Lastern an der St. Pauli-Hafenstraße hatte für Furore gesorgt: Die Polizei hatte die Manifestation gewaltsam aufgelöst, obwohl es sich offenkundig um eine vom Versammlungsrecht geschützte Kundgebung handelte. Diverse rollende Wohnungen wurden aufgebrochen und demoliert. 48 HalterInnen bekamen Strafbefehle à 50 Tagessätze wegen Nötigung.

Da es sich um einen komplizierten Sachverhalt handelt, bei dem Grundrechtsfragen tangiert sind, einigte sich die Justiz darauf – nachdem im Februar ein Prozess nach nur einer Stunde geplatzt war –, den Komplex in einem „Musterverfahren“ mit drei Angeklagten durch alle Instanzen durchzuverhandeln – bis zu einer abschließenden Revisionsentscheidung des Oberlandesgerichts. Alle anderen Verfahren ruhen solange.

Infolgedessen gingen die Anwälte Carsten Gericke, Marc Meyer und Beuth gut vorbereitet ins Rennen: Nach mehreren Grundsatzanträgen zum Versammlungs- und Verwaltungsrecht stellten sie überdies die Zuständigkeit und Unvoreingenommenheit von Richter Lutz Nothmann in Frage. Gericke hatte herausgefunden, dass Nothmann als Verkehrsrichter laut Geschäftsverteilungsplan für den Fall wohl nicht zuständig sei und dass schon diese Zuständigkeitsrüge ein Revisionsgrund sein könnte. Auch habe Nothmann Aktenvermerke mit der Notiz „Blockadebeginn“ versehen.

„Die Einwilligung in einen Pilotprozess kann doch nicht bedeuten, dass die Verteidigung auf prozessuale Rechte der Beschuldigten verzichtet“, empört sich Beuth. „Es wäre indes aber auch unfair, einen erkannten Verfahrensfehler erst bei einer Revision zu rügen“, ergänzt er. „Aber ein Rechtsverständnis, wonach es egal ist, ob ein Richter zuständig ist, solange es nicht gerügt wird, ist mit uns nicht zu machen.“ KAI VON APPEN

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