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Blackouts in der KaribikAuf Kuba ist es immer öfter zappenduster

Ausfälle sind auf der Insel fast normal. Der Strom stammt vor allem aus überalterten Erdöl-Kraftwerken. Nun sollen Windräder und Solaranlagen her.

Fahrradtaxis gehen immer – aber dunkle Straßen sind auch für sie kein Spaß. Stromausfall am 21. Oktober 2024 Foto: Nick Kaiser/dpa

Hamburg taz | Mehr als 48 Stunden war der Strom in Havanna wieder weg. Der Ausfall, der Freitagmorgen begann, war der längste nach dem Blackout von Ende Oktober. Relativ normal, wenn ein Hurrikan wie „Rafael“ auf die Insel treffe, sagen die Menschen, die hier leben. Es erkläre aber nicht, warum drei Tage später immer noch etliche Zonen und Stadtviertel Havannas ohne Strom sind, meint Renier. „Wir leiden unter strukturellen Problemen des Stromsystems.“

Der Architekt arbeitet in einen Sanierungsprojekt in der Altstadt von Havanna, seinen Nachnamen will er nicht in einer Zeitung lesen, gerade weil er offen kritisiert, dass die Kraftwerke der Insel marode und hoffnungslos überaltert sind. Dass Kritik gefährlich werden kann, zeigen die jüngsten Festnahmen, die am Sonntag bekannt wurden:

Nach Protesten im Zusammenhang mit mehreren Stromausfällen auf Kuba seien mehrere Menschen festgenommen wurden, meldete die Nachrichtenagentur AP. Die kubanische Generalstaatsanwaltschaft habe Verfahren gegen mindestens drei Personen in Havanna, der Provinz Mayabeque und der Stadt Ciego de Aviloa eingeleitet. Ihnen werde „Körperverletzung, ordnungswidriges Verhalten und Sachbeschädigung“ vorgeworfen. Die Festnahmen hätten nach „Aggressionen gegenüber Behörden“ stattgefunden und seien eine Vorsichtsmaßnahme, hieß es in der offiziellen Erklärung dazu.

Dass das Energiesystem wenig verlässlich ist, bestätigen aber Experten wie Omar Everleny Pérez, Ökonom und freier Analyst aus dem Stadtteil Marianao von Havanna. Dort fiel Samstagabend nach ein paar Stunden mit Elektrizität der Strom erneut aus. „Ich weiß nicht, ob es keinen Strom gibt, weil das Erdöl knapp ist oder wieder ein Kraftwerk havariert ist“, sagt Pérez. Stromausfälle würden nicht mehr angekündigt, deshalb könne man sich auch nicht darauf einstellen.

Kuba generiert mehr als 90 Prozent seines Stroms in Kraftwerken, die sowohl sehr schweres Erdöl aus der kubanischen Förderung als auch importiertes Öl verarbeiten. An beidem mangelt es latent.

Sanktionen tragen ihren Teil bei

Venezuela, Kubas wichtigster Lieferant, schickt weniger Tanker zur Insel. Transportierten sie 2023 noch täglich 51.000 Barrel, sind es laut der Nachrichtenagentur Reuters derzeit nur noch 27.000. Die kubanische Volkswirtschaft bräuchte täglich 90.000 Barrel. Zugleich geht die Förderung auf den eigenen Erdölfeldern zurück. Nach offiziellen Daten wurden zuletzt nur noch drei Millionen Tonnen Öl aus dem Boden geholt. Auch an Strom für die Pumpen fehlt es.

Der ist überall immer öfter Mangelware. Die Kraftwerke der Insel, alle auf den fossilen Energieträger ausgerichtet, liefern nur unregelmäßig Strom. Die Anlagen sind verschlissen, sodass sie spätestens seit den vergangenen drei, vier Jahren regelmäßig und in kurzen Abständen vom Netz gehen.

Das jüngste Erdöl-Kraftwerk der Insel steht in Matanzas, es heißt „Antonio Guiteras“ und ist etwas älter als dreißig Jahre. Knapp vierzig Jahre alt ist die nahe gelegene Anlage von Santa Cruz del Norte. Die beiden Ölkraftwerke sind die Eckpfeiler der nationalen Versorgung durch Unión Eléctrica, den staatlichen Energieversorger, der rund 50.000 Mitarbeiter beschäftigt. Dessen Techniker klagen darüber, dass Ressourcen fehlen, sie nur eingeschränkt an moderne Ersatzteile herankommen, was zumindest teilweise auch auf die US-amerikanischen Embargo-Sanktionen zurückzuführen ist.

Fidels Vermächtnis

Für Energieminister Vicente de la O Levy ist „das Netz angeschlagen“. Diese Einschätzung teilt auch Omar Everleny Pérez: „Derzeit weiß kaum jemand, ob der Strommangel auf der Insel durch fehlendes Erdöl oder neue Probleme in einem oder mehreren der Kraftwerke der Insel bedingt ist.“ Fakt sei, dass es „in den Provinzen jeden Tag zwölf und mehr Stunden keinen Strom gibt. Es ist dramatisch, unter welchen Bedingungen gelebt wird“, kritisiert er.

Dabei hatte Fidel Castro 2005 und 2006 die „energetische Revolution“ ausgerufen. Damals wurden alte Haushaltsgeräte gegen effizientere aus China ausgetauscht, zusätzliche Generatoren als Puffer bei Kraftwerkshavarien installiert. Die kostspielige Übergangsmaßnahme ging allerdings nicht einher mit grundlegenden Investitionen in die Kraftwerks-Infrastruktur der Insel. Experten hatten damals den Bau von Wind- und Solarparks sowie von Biomasse-Kraftwerken angeregt. Kuba installierte auch prompt gemeinsam mit chinesischen Partnern in Gibara ein paar Windräder. Aber eine mittel- und langfristige Strategie mit dem Fokus auf regenerative Energieträger habe die Regierung nie implementiert, erklärt Juan Triana, Ökonom an der Universität Havanna.

Nun soll tatsächlich gegengesteuert werden. Im Juli wurden 21 potenzielle Standorte für Windkraft vorgestellt, die ersten kubanischen Solarparks sind in der Region Bayamo ganz im Osten der Insel ans Netz gegangen. In den kommenden zwei Jahren sollen weitere folgen und dazu beitragen, die Abhängigkeit Kubas von den fossilen Brennstoffen zu senken.

Aktuell liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix bei rund 5 Prozent, er soll aber bis 2030 auf 37 Prozent steigen, so die optimistischen staatlichen Pläne. Allerdings hatte das Land 2006 und erneut 2014 schon einmal ähnlich hohe Ambitionen. Die Pläne landeten aber in den Schubladen. Und damals hätte die Regierung deutlich mehr Investitionskapital aufbringen können als heute, mahnen Experten wie Triana oder Pérez.

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1 Kommentar

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  • Das Embargo ist inzwischen ein Geschenk an das Regime. Hält es doch seit Jahrzehnten als Ausrede für das eigene Komplettversagen her. Kuba handelt mit Kanada, diversen lateinamerikanischen Nachbarländern, der EU, Russland, China etc. Das Problem, außer Rum und Zigarren gibt es kaum noch etwas von Wert. Die landwirtschaftliche Produktion des ehemals weltgrößten Zuckerproduzenten liegt brach, denn niemand will für 1 bis 2 Dollar Tageslohn diesen Knochenjob machen. Das verdient man im Tourismussektor in weniger als einer Stunde als Trinkgeld, sogar Gingos anbetteln oder andere Dienstleistungen - wie zu Batistas Zeiten - sind da attraktiver. Doch leider schwächelt auch der Tourismus. Denn das Elend wollen sich immer weniger ansehen und wer einmal dort war, kommt nicht wieder.



    Durch den Exodus der Jungen und Gebildeten schwächelt inzwischen auch das Vermieten von medizinischem Personal (moderne Sklaverei) ins Ausland. Die alten Diktatorenfreunde haben andere Prioritäten oder sind inzwischen selber pleite.



    Hier könnte deutsche Entwicklungshilfe ansetzen: Windräder statt Radwege. Im Gegenzug dafür die Freilassung aller politischen Gefangenen und Wahlen unter internationaler Aufsicht.