piwik no script img

Flüchtlingsunterkunft in LichtenbergAuf der Suche nach der Willkommenskultur

Die AfD hetzt gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in Hohenschönhausen. Bei einem Treffen haben Antifas diskutiert, was gegen die Propaganda hilft.

Protest gegen AfD-Kundgebung gegen Flüchtlingsheim in Lichtenberg Ende August Foto: Emmanuele Contini/imago

Noch ist das ehemalige „City Hotel Berlin East“ in der Landsberger Allee eine Baustelle. Doch schon im November soll die erste Gruppe von Geflüchteten dort einziehen. Damit soll die überfüllte Flüchtlingsunterkunft in Tegel entlastet werden.

Bereits jetzt hetzen rechte Gruppen gegen die künftige Einrichtung im Lichtenberger Ortsteil Hohenschönhausen. Unter anderem hatten Unbekannte Anfang Oktober die Parole „Das Boot ist voll“ an eine Tür des ehemaligen Hotelkomplexes gesprüht. Der Slogan wurde inzwischen entfernt, jedoch beobachtet Jana Adam vom Register Lichtenberg, das extrem rechte Vorfälle im Bezirk erfasst, dass die Kampagne gegen die geplante Unterkunft weitergeht.

Adam sprach am Montagabend auf einer Veranstaltung der Antifavernetzung Lichtenberg über die flüchtlingsfeindliche Propaganda. Ihr und Ak­ti­vis­t*in­nen der Lichtenberger Zivilgesellschaft zufolge beteiligen sich daran auch Springer-Medien wie Bild und Welt sowie die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit und AfD-nahe Youtuber.

Dass Senat und Bezirk bei dem Thema zerstritten sind, erleichtere die Hetze, so Adam. Fast alle Be­zirks­po­li­ti­ke­r*in­nen haben sich gegen die Umwandlung des ehemaligen Hotels in eine Flüchtlingsunterkunft ausgesprochen und begründen es mit einem Mangel an sozialer Infrastruktur in dem Gebiet. Po­li­ti­ke­r*in­nen der Linkspartei, die sich generell für eine Willkommenskultur für Geflüchtete im Bezirk aussprechen, seien geschwächt und argumentierten meist defensiv, analysierte Jana Adam.

Demo und Gegendemo

Die AfD hat bereits mehrfach gegen die Unterkunft mobilisiert. Unter anderem fand nach einem Aufruf der Lichtenberger AfD-Fraktion im August 2024 eine Demonstration gegen die Unterbringung von Geflüchteten statt. Die Zahl der Antifaschist*innen, die gegen den Aufmarsch protestieren, war aber größer. Auch gegen die von der AfD beantragte Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg Ende September 2024, die den Rechten eine Bühne für ihre Rhetorik gegen Geflüchtete bieten sollte, demonstrierten zahlreiche Antifaschist*innen.

„Es ist offen, wie die Rechten auf die Ankündigung reagieren, dass bald die ersten Geflüchteten in das Gebäude einziehen“, erklärte Jana Adam am Montagabend. Erfahrungsgemäß sei die Mobilisierung von rechten Gruppen und sogenannten besorgten Bür­ge­r*in­nen vor dem Einzug am größten.

Eine linke Antwort auf eine rechte, flüchtlingsfeindliche Kampagne müsse mehr umfassen als nur eine Demonstration, so der Tenor bei dem Treffen am Montag. „Wo bleibt die Willkommenskultur für Geflüchtete in Lichtenberg?“, fragte ein Teilnehmer. Ein Vertreter der Antifa Friedrichshain erinnerte an die große Bewegung zur Unterstützung von Geflüchteten im Jahr 2015. „Da gab es zahlreiche Gruppen in fast allen Berliner Bezirken. Daran müssen wir unbedingt wieder anknüpfen“, betonte er.

Tatsächlich boten einige der Be­su­che­r*in­nen der Veranstaltung schon konkrete Unterstützung für die Geflüchteten an. Diskutiert wurde auch, ob in der Gegend um die künftige Unterkunft Flyer verteilt werden könnten, in denen klargestellt wird, dass die sozialen Probleme in dem Bezirk nichts mit den Geflüchteten zu tun haben – und dass nichts damit gewonnen wäre, wenn die Geflüchteten nicht in das ehemalige Hotel einziehen würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!