BND-Überwachung: Unverhältnismäßig und verfassungskonform
Die BND-Überwachung ist grundsätzlich verfassungskonform. Aber ist das Scannen von Billionen Nachrichten wegen einigen Dutzend Verdachtsfällen angemessen?
A ls Edward Snowden vor rund zehn Jahren die Massenüberwachung internationaler Kommunikation durch den US-Geheimdienst NSA aufdeckte, war die Empörung in Deutschland groß. Dabei macht der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) auch nichts anderes: Er überwacht anhand bestimmter Suchbegriffe und -nummern strategisch die Kommunikation aus Deutschland ins Ausland sowie die Kommunikation zwischen Ausländern im Ausland. Nur die innerdeutsche Kommunikation ist für ihn tabu.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich jetzt mit der BND-Überwachung des Kommunikationsverkehrs zwischen Deutschland und dem Ausland beschäftigt, diese im Grundsatz gebilligt und nur einzelne Regelungen beanstandet, etwa eine mangelhafte Kontrolle des BND. Man mag das halbherzig finden, immerhin werden in E-Mails und Messenger-Nachrichten sehr persönliche, manchmal sogar intime Dinge ausgetauscht, etwa sexuelles Begehren, Krankheitsverläufe, spirituelle Erweckungserlebnisse.
Andererseits spielt die strategische Überwachung in der Praxis keine große Rolle. Obwohl hier Billionen von Nachrichten jährlich gescannt werden, bleiben laut Statistik am Ende nur einige Dutzend relevante Kommunikationen übrig, die dann vom BND näher geprüft werden.
Die jüngsten Zahlen betreffen das Jahr 2021: Da gab es zehn Treffer im Bereich der Schleuserkriminalität, vier Treffer zum internationalen Terrorismus und null Treffer zu Cyberangriffen, weil man seit 2019 gar nicht mehr danach suchte.
Die Massenüberwachung führt also faktisch zu fast nichts. Andere Methoden wie Spitzel sind offensichtlich viel ergiebiger. Auch unter diesem Gesichtspunkt hätte das Bundesverfassungsgericht die Verhältnismäßigkeit prüfen sollen.
Zum Glück hat sich auch die Aufregung nach den Snowden-Enthüllungen wieder gelegt. Wer will und kann, verschlüsselt seine Nachrichten, und die anderen haben bei der Kommunikation mit dem Ausland vermutlich mehr Angst vor den dortigen Geheimdiensten als vor dem deutschen.
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