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Preiserhöhung im Hamburger ÖPNVRückwärtsgang statt Mobilitätswende

Kommentar von Robert Matthies

Tickets für Bahn und Bus werden in Hamburg im kommenden Jahr deutlich teurer. So eine Verkehrspolitik ist weder sozial noch ökologisch zukunftsfähig.

Für viele schon viel zu teuer: fahrkartenpflichtiger Bereich auf einem Hamburger Bahnhof Foto: Marcus Brandt/dpa

W eltweit suchen Städte nach innovativen Lösungen für eine nachhaltige Mobilität. Aber Hamburg, das so gern Mobilitätswendestadt wäre, legt den Rückwärtsgang ein. Die jetzt angekündigte Preiserhöhung des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) für das kommende Jahr ist mehr als eine routinemäßige Tarifanpassung. Sie ist ein Symptom einer verfehlten Verkehrspolitik, die weder sozial noch ökologisch zukunftsfähig ist.

Ab 1. Januar 2025 steigt der Preis für Einzelkarten um 10 Cent. Eine Kurzstrecke kostet dann 2,10 Euro, zwei Tarifringe 3,90 Euro. Ein Nahbereich-Fahrschein wird um 30 Cent teurer und kostet dann 3,10 Euro. Das Ganztagesticket wird zwar einen Euro günstiger, dafür fällt das zeitbeschränkte 9-Uhr-Ticket weg. Im Vergleich zu diesem kann man also im kommenden Jahr zwar schon früher fahren, muss aber 30 Cent mehr für eine Tageskarte bezahlen. Die Preise für Wochen- und Monatskarten steigen um satte 9 Euro. Zusätzlich steigt ab Januar 2025 auch der Preis des Deutschlandtickets von 49 auf 58 Euro, ein Preissprung von fast 20 Prozent innerhalb eines Jahres.

Damit werden die Tickets beim HVV durchschnittlich um 5,2 Prozent erhöht – deutlich über der aktuellen Inflationsrate. Die sozialen Auswirkungen dieser Preispolitik sind nicht zu unterschätzen. Sie trifft vor allem jene hart, die es ohnehin schwer haben. In einer Stadt, in der laut Sozialverband Deutschland je­de*r Fünfte armutsgefährdet ist, bedeutet eine Verteuerung des ÖPNV nichts anderes als soziale Ausgrenzung. Seit 21 Jahren fehlt in der Stadt ein echtes Sozialticket. Derzeit gibt es nur einen Sozialrabatt, der eine begrenzte Ermäßigung bietet, die angesichts steigender Preise aber immer weniger ausreicht.

Aber nicht nur sozial, auch ökologisch geht die Entscheidung in die falsche Richtung. Hamburg brüstet sich mit ambitionierten Klimazielen. Aber die Verkehrswende kann nicht gelingen, wenn der ÖPNV immer teurer und unattraktiver wird. Wer mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn bewegen will, darf die Einstiegshürden nicht erhöhen.

Hamburgs ÖPNV schreckt ab

Im internationalen Vergleich fällt Hamburg damit weiter zurück. Städte wie Wien schreiben mit ihrem 365-Euro-Jahresticket Erfolgsgeschichte und verzeichnen eine deutliche Steigerung der Nutzerzahlen. Hamburg hält an einer Preispolitik fest, die abschreckt statt einzuladen. Schon jetzt hat die Hansestadt die höchsten Preise für Monatskarten in Deutschland. In München kostet ein vergleichbares Ticket nur die Hälfte. Es fehlt eine langfristige Strategie, den ÖPNV attraktiver zu machen. Statt mutig und kreativ nach Lösungen zu suchen, wählt man den einfachen Weg der Preiserhöhung.

Ein teurer ÖPNV ist deshalb nicht nur ein Hindernis für soziale Teilhabe, sondern auch ein Bremsklotz für die Verkehrswende. Es ist an der Zeit, den Nahverkehr als das zu begreifen, was er ist: ein essenzieller Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge, der allen zugänglich sein muss.

Will die Stadt wirklich Vorreiterin in Sachen nachhaltiger Mobilität werden, muss sie umdenken. Ein erschwinglicher, leistungsfähiger ÖPNV ist nicht nur eine soziale Notwendigkeit, sondern auch der Schlüssel zu einer lebenswerten, klimafreundlichen Stadt. Es ist höchste Zeit, dass Hamburg von anderen Städten lernt und mutige Schritte wagt. Ein Jahresticket nach Wiener Vorbild, massive Investitionen in die Infrastruktur und eine sozial gerechte Preisgestaltung wären ein Anfang. Nur so kann Hamburg den Anschluss an eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik finden und einen öffentlichen Nahverkehr bieten, der seinen Namen verdient.

Die aktuelle Preiserhöhung ist mehr als nur eine verpasste Chance. Sie ist ein Armutszeugnis für eine Stadt, die sich weltoffen und fortschrittlich gibt.

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Redakteur taz nord
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2 Kommentare

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  • Fahren die Leute mit dem Auto, weil ÖPNV ihnen zu teuer ist, oder weil er zu unbequem, zu langsam, zu dreckig, zu unzuverlässig ist? Wir brauchen neue S- und U-Bahnlinien, dichtere Bustakte, Busspuren und mehr Sauberkeit, um die Mobilitätswende zu erreichen, wir haben gar nicht die Kapazitäten für mehr ÖPNV-Nutzer. Das kostet viel Geld. Entscheidend ist, dass wir mehr ausgeben, nicht dass wir weniger einnehmen.



    Ein weiterer Aspekt sind zu komplizierte Tarife. Daher ist das Deutschlandticket genau der richtige Weg, genau wie die Abschaffung der 10-Uhr-Regel. Die Preiserhöhung des Deutschlandtickets war keine Entscheidung des Hamburger Senats!



    Monatsabos sind durch das Deutschlandticket in Hamburg sowieso obsolet, weil teurer Einzel- und Tagestickets sind was für Touristen und Gelegenheitsnutzer, bei denen die Preise zu erhöhen ist völlig ok znd dürfte kaum Auswirkungen auf deren Verkehrsnutzung haben.

  • Mutige und kreative Lösungen bemessen sich nur am Grad der Subventionierung. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Hier im Ruhrgebiet fahren in den (wesentlich kleiner als Hamburg) Städten die zentralen Linien zwischen 6 und 8 mal die Stunde, zu den Stoßzeiten via Einsatzwagen auch 10 bis 12 mal die Stunde. Andere Linien nach außerhalb verkehren zwischen 1 und 4 mal die Stunde.

    Mit steigender Taktfrequenz erhöht sich erwünschterweise die Anzahl der Nutzer durch steigende Attraktivität durch sinkende Fahrzeit, allerdings nicht im gleichen Maße. In Relation sinkt die Anzahl zahlender Fahrgäste pro Fahrzeug mit steigender Taktung. Die Kosten des Fahrzeugs pro km absolut bleiben aber gleich. Dieses Dilemma des ÖPNV ist nicht auflösbar mit dem Anspruch, den ÖPNV privatwirtschaftlich kostendeckend betreiben zu wollen.