Verstorbene ukrainische Journalistin: Tod in russischer Haft

Die 27-jährige Wiktorija Roschtschyna soll bereits am 19. September verstorben sein. Sie verbrachte mehr als ein Jahr in russischer Gefangenschaft.

Journalistin Wiktorija Roschtschyna

Die ukrainische Journalistin Wiktorija Roschtschyna ist tot Foto: Screenshot X

Berlin taz | Seit Donnerstag ist es traurige Gewissheit: Die ukrainische Journalistin Wiktorija Roschtschyna ist in russischer Haft verstorben. Ihr Tod wurde vom russischen Verteidigungsministerium als Antwort auf einen Aufruf ihres Vaters, Wolodymyr Roschtschyn, bekannt gegeben. Der Brief, den die Angehörigen der Verstorbenen am 10. Oktober erhielten, wurde ihnen per E-Mail zugesandt und ist auf den 2. Oktober 2024 datiert.

In der kurzen Nachricht heißt es, die Journalistin sei am 19. September 2024 verstorben und ihr Leichnam werde „im Rahmen des Austauschs von Leichen von Gefangenen an die ukrainische Seite übergeben“. Die Umstände und die Todesursache der jungen Frau wurden nicht bekannt gegeben.

„Wir haben eine interne Untersuchung durchgeführt und leider haben sich die Informationen über den Tod von Wiktorija bestätigt“, sagte Petro Jatsenko, Leiter des Pressedienstes des Hauptquartiers für die Koordination der Behandlung von Kriegsgefangenen. Die Umstände des Todes seien noch unbekannt. Gleichzeitig wisse die ukrainische Seite, dass Roschtschyna von der südrussischen Hafenstadt Taganrog aus nach Moskau gebracht worden sei. „Das war eine Vorbereitungsphase für ihre Freilassung“, sagte Jatsenko.

Roschtschyna berichtete aus der Region Saporischschja

Laut dem Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes (HUR) Andrij Jusow in einem Kommentar des Mediums Suspilne sollte Roschtschyna bald in einen der nächsten Gefangenenaustausche aufgenommen werden. „Ihre Rückkehr wurde vereinbart, und die letzten Informationen, die wir haben, besagen, dass sie nach Lefortovo gebracht wurde, um ihre Rückkehr vorzubereiten“, sagte er.

Wiktorija Roschtschyna verschwand im August 2023 während einer Dienstreise in den besetzten Teil der ukrainischen Region Saporischschja, wo sie Material für die Berichterstattung über die Wahlen in Russland, die Folgen der Zerstörung des Wasserkraftwerks Kakhowka und die Situation im Kernkraftwerk Saporischschja sammelte.

Das erste Mal, dass Russland offiziell bestätigte, dass Roschtschyna inhaftiert war, war im Mai dieses Jahres. Die Informationen über ihre Gefangenschaft wurden auch vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits neun Monate seit ihrer Festnahme in der Region Saporischschja vergangen. Während der gesamten Zeit gab es keine Informationen über den Verbleib der Journalistin.

„Sie war ein Element, das wir nie zähmen konnten“

Danach konnten Familie und Freunde nichts Weiteres über ihren Aufenhaltsort erfahren. Sie wandten sich an verschiedene Behörden, unter anderem an die russische Ombudsfrau Tatjana Moskalkowa. Die einzige Antwort, die sie erhielten, kam vom russischen Verteidigungsministerium. Sie enthielt weder Informationen über den Aufenthaltsort der Journalistin noch über ihren rechtlichen Status oder Gesundheitszustand.

„Sie war ein Element, das wir nie zähmen konnten. Wiktorija war immer dort, wo die wichtigsten Ereignisse für das Land stattfanden. Sie hätte das noch viele Jahre tun können, aber die Russen haben sie getötet“, erinnert sich Roschtschynas ehemalige Redakteurin Yevhenia Motorewska.

Wiktorija Roschtschyna arbeitete für die Ukrajinska Prawda und die International Women's Media Foundation (IWMF), zuvor für Radio Liberty, Hromadske und andere Redaktionen. Im Jahr 2022 erhielt sie den IWMF-Preis für Mut im Journalismus, nachdem sie im Frühjahr desselben Jahres vom russischen FSB in Berdjansk verhaftet worden war. Damals verbrachte sie bereits zehn Tage in Gefangenschaft. Roschtschyna wurde unter dem Verdacht der Spionage verhört und erst freigelassen, nachdem sie sich bereit erklärt hatte, in einer Videoaufnahme mitzuteilen, dass sie keine Beschwerden gegen den russischen Geheimdienst habe.

„Für sie gab es keine Hindernisse, sie sagte immer: ‚Ich bin Journalistin. Ich muss dort sein, es gibt sonst niemanden von den Medien.‘ Diese Antwort war ihr Ein und Alles“, sagt Ex-Kollegin Motorewska.

Derzeit wird offiziell bestätigt, dass sich etwa 30 ukrainische Jour­na­lis­t:in­nen in russischer Gefangenschaft befinden. Es gibt keine genauen Informationen über ihren Aufenthaltsort oder ihren Gesundheitszustand.

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