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Bandenkriminalität in HaitiÜberfall auf Pont-Sondé

Haiti leidet unter Gewalt bewaffneter Banden. Bei einem Angriff auf einen kleinen Ort töteten Bandenmitglieder in der Nacht Dutzende Menschen.

Ein Mann blickt auf Verwüstung und Rauch nach einem Bandenangriff in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince Foto: Hector Adolfo Quintanar Perez/ZUMA Press Wire

Port-au-Prince/Santo Domingo dpa | Bei einem nächtlichen Überfall auf eine kleine Ortschaft in Haiti haben Bandenmitglieder Medienberichten zufolge Dutzende Menschen getötet und weitere verletzt. Die Polizei des armen Karibikstaates bestätigte den Angriff auf die Zivilbevölkerung in Pont-Sondé, ohne eine Opferzahl zu nennen. Das Justizministerium sprach von zahlreichen Toten und Verletzten, wie örtliche Medien berichteten.

Laut der Zeitung Le Nouvelliste kamen bei der Attacke der Bande Gran Grif mindestens elf Menschen ums Leben. Mindestens 20 weitere seien schwer verletzt worden. Der Radiosender „Galaxie“ berichtete unter Berufung auf einen lokalen Beamten von einem „Massaker“ mit 54 bis 65 Toten. Die Zahl konnte demnach aufgrund der ständigen Bedrohung der Banden nicht genau festgestellt werden.

Die Nationale Polizei Haitis rief die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren. Beamte der Temporären Antigang-Einheit (UTAG) hätten bereits die Sicherheit vor Ort verstärkt. Auch ein Stützpunkt der polizeilichen Behörde UDMO in der Gemeinde Saint-Marc wurde laut der offiziellen Mitteilung angegriffen. Beide Ortschaften liegen im Département Artibonite nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince.

Haiti leidet seit Jahren unter der Gewalt schwer bewaffneter Banden, die Port-au-Prince größtenteils unter ihrer Kontrolle haben. Die Gewalt greift auch auf andere Regionen über. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich das UN-Büro in Haiti über die Brutalität der Gran Grif (etwa: Große Kralle) gegen die Bevölkerung im Artibonite-Tal besorgt geäußert.

Sicherheit noch nicht gewährleistet

Derzeit bemüht sich eine multinationale Schutztruppe unter der Führung Kenias um die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung in Haiti. Die multinationale Sicherheitsmission mit geplanten 3.000 Einsatzkräften war im vergangenen Oktober vom UN-Sicherheitsrat genehmigt worden. Erst im Juni kamen die ersten kenianischen Polizisten in Haiti an – bisher sind es nur wenige Hundert Beamte.

Mehr als eine halbe Million Haitianer sind im eigenen Land vertrieben. Tausende Haitianer flohen zuvor vor der Bandengewalt über die Grenze in die Dominikanische Republik. Jedoch hat die Dominikanische Republik nun angekündigt, dass sie ab sofort bis zu 10.000 irreguläre haitianische Migranten pro Woche in das Nachbarland zurückschicken will. Das spanischsprachige Land, das sich mit Haiti die Karibikinsel Hispaniola teilt, müsse seine eigenen Grenzen schützen, begründete die Regierung von Präsident Luis Abinader den Schritt.

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3 Kommentare

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  • Nee, kann ich mir nicht "zusammenreimen": Ich besitze nicht Ihre Fantasie und die Fakten gebens nicht her.



    Mir zeigt der Artikel vor allem, dass ein Staat für die Sicherheit nach innen eine gute Polizei benötigt. (Und für die Sicherheit nach außen braucht es wahrscheinlich eine Armee. Oder konnten Diplomaten Putin aufhalten?)



    In der so stabilisierten Demokratie können Menschen, die sich für ganz schlau halten, dann ggn. beides protestieren ...

  • Weil ja sonst momentan nur zu Israel (und der Ukraine) kommentiert wird: dieses schreckliche Massaker in Haiti lässt einen erschaudern.



    Es ist ein Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, setzt die Welt nur noch auf militärische Konfliktlösungen bei gleichzeitiger Schwächung/Verächtlichungmachung von Diplomatie und den Regeln internationaler Ordnung.



    In welchem Kontext DAS mit jetzt mit den oben genannten Konflikten steht, kann sich jeder Forist hier wohl selbst zusammenreimen.

    • @Abdurchdiemitte:

      Diplomatie funktioniert nur aus einer Position der Stärke. Alles andere ist nur Bittstellerei.