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Anarchie bei BanküberweisungenLäuft es blöd, ist das Geld weg

Eine neue EU-Richtlinie soll Banken dazu verpflichten, bei Überweisungen eine Namensprüfung zu machen. Aber wann ist falsch auch tatsächlich falsch?

Ist der Name falsch geschrieben, kommt der Brief vielleicht nicht an Foto: Marcus Brandt/dpa

S chon wieder. Auf der Briefkastenreihe im Hauseingang steht ein Brief. Adresse stimmt – aber der Name hat nichts mit einem oder einer der Mie­te­r:in­nen zu tun. Alle paar Wochen passiert das und aus den Schilderungen von Freun­d:in­nen weiß ich: Auch in anderen Mehrfamilienhäusern ist so etwas durchaus üblich. Warum? Mal ist der Betreffende weggezogen, mal stimmt die Adresse nicht und ja, es gibt auch Betrugsmaschen, bei denen es sich Kriminelle zunutze machen, dass die Post­bo­t:in­nen in Großstädten eben nicht wissen, wer in dem Haus eigentlich wohnt.

Leider haben die briefaustragenden Firmen ihren mitunter lockeren Umgang mit Empfängerdaten nicht exklusiv. Wer das ähnlich handhabt: Banken. Nicht bei Briefen. Sondern bei den üblichen Sepa-Überweisungen, also denen, die Bank­kun­d:in­nen alltäglich so machen. Dort kommt es ausschließlich auf die IBAN an. Ist die richtig, stimmen also die Ziffern mit der darin codierten Prüfsumme überein, wird die Überweisung ausgeführt. Egal, ob man Taylor Swift oder Olaf Scholz im Namensfeld eingibt. Oder den Namen der Empfängerin.

Der EU war das zu viel Anarchie beim Banking. Die neue Zahlungsdiensterichtlinie soll die Banken dazu verpflichten, bei der Überweisung auch eine Namensprüfung zu machen. Einfach? Kompliziert!

Denn was muss man nicht alles dabei bedenken als Bank. Vor allem: Wann ist falsch tatsächlich falsch? Klingt philosophisch, ist aber ein ganz reales Problem: Mueller statt Müller – falsch oder durchgehen lassen? Sofía Vázquez Blanco, bei der der im Spanischen übliche zweite Nachname vergessen wurde – geht oder nicht? Und was ist bei Unternehmen? Wenn bei der Überweisung an die „Kapitalismus GmbH & Co KG“ nur „Kapitalismus“ im Empfängerfeld steht – Geld raus, oder nicht? Überhaupt Namen, egal ob von Firmen oder von Menschen, mit Sonderzeichen, die in der Sprache des Absendenden nicht vorkommen – wie viel Abweichung darf es da sein?

Zack, ist das Geld weg

Denn die Banken dürfen natürlich nicht einfach den richtigen Namen einblenden. Sonst könnte man sich für beliebige IBANs einfach die Kon­to­in­ha­be­r:in­nen herbei probieren. Andererseits darf das Onlinebanking auch nicht zu viele Fehlermeldungen produzieren, denn wir wissen ja, wie das ist: Jede Fehlermeldung senkt die Zufriedenheit der Nutzenden mit dem Dienst und lässt sie abstumpfen. Ach, Warnung, dass der Name nicht zur IBAN passt? Egal, Überweisung trotzdem abschicken. Und zack, ist das Geld weg. Im schlechtesten Fall bei jemand Falschem und die Bank kann sich rausreden: Sie hatte ja auf einen Fehler hingewiesen.

Neulich bekam ich einen Anruf: Ein Brief an mich sei zurückgekommen. Ob die Adresse stimme? Straße, Hausnummer, Postleitzahl – alles abgeglichen, alles richtig, großes Rätselraten, Zweifel an der Post. Bis sich schließlich zeigte: Im Nachnamen fehlte ein Buchstabe. Bestimmt hatte die Zustellerin auf der Suche nach einer beruhigenden Einschlaflektüre einen Blick in die neue Zahlungsdiensterichtlinie geworfen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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9 Kommentare

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  • Das klingt wirklich nach großem Unfug...oder nach Faulheit, nach dem Motto "verdächtige Person XY macht eine Überweisung und die Kontrollbehörden möchten sofort wissen an wen das Geld geht statt eine IBAN-Prüfung durchzuführen". Ansonsten keine Ahnung was das bringen soll. Was es bringen *wird* ist hingegen leichter abzuschätzen: Frust bei Kund*innen und höhere Gebühren. ( welche selbstverständlich im Falle einer möglichen Rücknahme der Richtlinie auf dem neuen Niveau bleiben werden ;) ).

  • Bei einer Überweisungen zählt nur die IBAN. Der Name des Empfängers steht nur zum Witz auf dem Formular. Viele wissen das nicht.

    Die Bankenlobby hatte das durchgesetzt, um Personal zu sparen.

    In der Folge gab es oft Betrug indem eine Rechnung abgefangen und die IBAN ausgetauscht wurde.

    Daher werden die Banken jetzt gezwungen, im Online-Banking anzuzeigen, wenn Name und IBAN nicht übereinstimmen.

    Die Autorin Svenja Bergt macht sich leider über eine gute Idee lustig und zieht dabei – für einen schnellen Lacher – die EU in den Dreck.

  • Das Problem steckt nicht in der korrekten Namensangabe, sondern daran, dass der Überweisungsbetrag weg ist. Etwas seltsam, da doch bei jeder Dienstleistung eine gewisse Gewährleistungszeit besteht. So kann doch auch innerhalb 14 Tage gekauftes zurückgegeben werden, oder Verträge gekündigt werden. Seltsam das dies bei Banken keine Gültigkeit haben sollte.

    • @Sonnenhaus:

      Ihre Bank ist aber nur Dienstleister, sie reicht das Geld von ihrem Konto zur kontoführenden Bank des Empfängers weiter, dort wird das Geld auf das Konto des Empfängers verbucht.



      Angenommen, sie könnten innerhalb von 14 Tagen nach einer Überweisung einfach ihr Geld von ihrer Bank zurückfordern. Dann würde die Bank eben 14 Tage warten, bis sie das Geld weiter reicht, sprich beim Empfänger auf dem Konto ankommt. Ob das dem Empfänger gefallen würde? Und wenn sie der Empfänger wären, würde es ihnen gefallen, 14 Tage zum Beispiel auf ihren Lohn zu warten, wegen der Verzögerung durch ihre Banken-"Gewährleistungszeit"?

      • @Offebacher:

        Bei Kreditkartenbetrug geht die Bank aber auch in Haftung. Bei einer Lastschrift können Sie den Betrag auch zurückholen. Warum sollte der Dienstleister 14 Tage warten, um die Überweisung durchzuführen. Sie erwarten doch auch das Ihnen das Essen gebracht wird und nicht erst ein Vorkoster prüft, ob es schmeckt.



        Ein gewisses Restrisiko bleibt in der Dienstleistung doch immer, oder?



        Irgendwie Seltsam.

        • @Sonnenhaus:

          Das ist eben der Unterschied zwischen einer Überweisung und einer Lastschrift. Bei einer Überweisung weist der Kontoinhaber die Bank selbst an, Geld von seinem Konto abzuziehen und auf ein fremdes Konto zu übertragen. Er weiss also, was er tut. Bei einer Lastschrift dagegen bucht die Bank auf Anforderung des Empfängers das Geld vom Konto des Senders ab. Wenn die Lastschrift vom Empfänger vom fehlerhaft ist (sei es unabsichtlich, sei es absichtlicher Betrug), muss der Sender, dessen Konto belastet wurde, in der Lage sein, sein unberechtigt abgezogenenes Geld wieder zu bekommen. Und wenn der Empfänger mit dem Geld verschwunden ist, haftet halt die Bank, da sie dann die Lastschrift nicht richtig geprüft hat.

  • Schade, ich hatte mich gerade daran gewöhnt, dass die IBAN reicht. Früher gab es da nämlich durchaus mal Rückläufer, weil der bei der Bank für das Konto hinterlegte Name nicht mit der mir mitgeteilten Bezeichnung hundertprozentig übereinstimmte. Jetzt geht also der Käse wieder von vorne los. Das wird die Betrüger nicht aufhalten, aber allen anderen mehr Arbeit machen.

  • Solange die wertvollen Geldtransaktionen a la Wirecard, Panama Papers Pandora Papers usw. ungeschoren bleiben, passiert uns ja nix Schlimmes...

    • @Mohammed Wasiri:

      Das hat mit dem Thema ähnlich viel zu tub wie mit dem Untergang der Titanic.

      Wirecard hat Bilanzen gefälscht, indem Konten und Kontenbewegungen u.a. in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Indien erfunden wurden. Banken waren daran nicht beteiligt.

      Und bei den Panama- und Pandora Papers wurden Gelder von einem Konto auf andere Konten überwiesen, da waren Banken Dienstleister. Und mit Sicherheit haben die Zahler und die Empänger (oft waren beide identisch, nur mit dem Empfängerkonto in der Karibik) dabei korrekte IBANs verwendet.