Rechtsextreme Präsidentschaftskandidatin: Rumäniens kontraproduktives Verbot
Eine Rechtsextreme will Präsidentin des Landes werden. Das Verfassungsgericht hat ihr die Kandidatur verboten.
D as Urteil des rumänischen Verfassungsgerichts ist ein Skandal: Diana Șoșoacă, umstrittene Kandidatin der ultrarechten Partei SOS-Rumänien, darf nicht für das rumänische Präsidentschaftsamt kandidieren. In seiner Einseitigkeit öffnet das Urteil Tür und Tor für willkürliche Eingriffe in das Grundrecht, gewählt zu werden oder zu wählen.
In der Urteilsbegründung heißt es, die Kandidatin habe eine verfassungsfeindliche Haltung sowie eine Nato- und EU-skeptische Einstellung. Die rumänische Verfassung enthält aber keinerlei Paragraphen, die das verbietet. Die Verfassungsrichter scheinen zudem vergessen zu haben, dass nicht sie über die Zulassung der Kandidaten zu entscheiden haben, sondern einzig und allein die dafür zuständige Wahlbehörde. Die Feststellung verfassungs- und fremdenfeindlicher, antisemitischer oder rechtsextremer Straftaten einzelner Personen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft.
Bislang haben aber die rumänischen Justizbehörden kaum Verfahren gegen Holocaustleugner, Antisemiten, Volksverhetzer eingeleitet, von denen es etliche auch in anderen Parteien gibt. Ebenso wenig gegen Parteilose, die in Medien Kriegsverbrecher, Faschisten, Rassisten regelmäßig als Vorbilder verherrlichen. Diana Șoșoacă betrachtet sich nun als Opfer und Märtyrerin eines korrupten Systems. Gegen das sie angetreten ist, um es, wie sie sagt, zu reformieren und von der „jüdischen Fremdherrschaft“ zu befreien. Der Machtmissbrauch des Verfassungsgerichts verschafft ihr politisches Kapital und wird demokratiefeindliche Kräfte in der rumänischen Gesellschaft nicht zum Schweigen bringen. Das Verfassungsgericht hat einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen.
Vorurteile gegen den Staat werden durch das Urteil nicht abgebaut, sondern vertieft. Das Urteil bestätigt die fixe Idee der Rechtsnationalisten, das Land sei ein Spielball in den Händen fremder Mächte. Um diesem Gedankengut entgegenzuwirken, wäre eine demokratische Auseinandersetzung nützlicher als zweifelhafte und kontraproduktive Verbote.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“
Wegen antisemitischer Postings
Urteil gegen Kurator:in