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Rechtsextreme PräsidentschaftskandidatinRumäniens kontraproduktives Verbot

William Totok
Kommentar von William Totok

Eine Rechtsextreme will Präsidentin des Landes werden. Das Verfassungsgericht hat ihr die Kandidatur verboten.

Umstrittene Kandidatin Sosoaca bei einem Auftritt in Straßburg Foto: Johanna Geron/reuters

D as Urteil des rumänischen Verfassungsgerichts ist ein Skandal: Diana Șoșoacă, umstrittene Kandidatin der ultrarechten Partei SOS-Rumänien, darf nicht für das rumänische Präsidentschaftsamt kandidieren. In seiner Einseitigkeit öffnet das Urteil Tür und Tor für willkürliche Eingriffe in das Grundrecht, gewählt zu werden oder zu wählen.

In der Urteilsbegründung heißt es, die Kandidatin habe eine verfassungsfeindliche Haltung sowie eine Nato- und EU-skeptische Einstellung. Die rumänische Verfassung enthält aber keinerlei Paragraphen, die das verbietet. Die Verfassungsrichter scheinen zudem vergessen zu haben, dass nicht sie über die Zulassung der Kandidaten zu entscheiden haben, sondern einzig und allein die dafür zuständige Wahlbehörde. Die Feststellung verfassungs- und fremdenfeindlicher, antisemitischer oder rechtsextremer Straftaten einzelner Personen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft.

Bislang haben aber die rumänischen Justizbehörden kaum Verfahren gegen Holocaustleugner, Antisemiten, Volksverhetzer eingeleitet, von denen es etliche auch in anderen Parteien gibt. Ebenso wenig gegen Parteilose, die in Medien Kriegsverbrecher, Faschisten, Rassisten regelmäßig als Vorbilder verherrlichen. Diana Șoșoacă betrachtet sich nun als Opfer und Märtyrerin eines korrupten Systems. Gegen das sie angetreten ist, um es, wie sie sagt, zu reformieren und von der „jüdischen Fremdherrschaft“ zu befreien. Der Machtmissbrauch des Verfassungsgerichts verschafft ihr politisches Kapital und wird demokratiefeindliche Kräfte in der rumänischen Gesellschaft nicht zum Schweigen bringen. Das Verfassungsgericht hat einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen.

Vorurteile gegen den Staat werden durch das Urteil nicht abgebaut, sondern vertieft. Das Urteil bestätigt die fixe Idee der Rechtsnationalisten, das Land sei ein Spielball in den Händen fremder Mächte. Um diesem Gedankengut entgegenzuwirken, wäre eine demokratische Auseinandersetzung nützlicher als zweifelhafte und kontraproduktive Verbote.

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William Totok
William Totok, geb. in Groß-Komlosch (Rumänien); Studium der Germanistik und Rumänistik in Temeswar; Gründungsmitglied der „Aktionsgruppe Banat“ (1972–1975); politische Haft wegen „Verbreitung staatsfeindlicher Gedichte“ (1975–1976); lebt seit 1987 als freischaffender Schriftsteller und Publizist in Berlin und schreibt u.a. für die taz. Letzte Veröffentlichungen: „Zwischen Mythos und Verharmlosung. Über die kritische Vergangenheitsbewältigung, Ion Gavrilă Ogoranu und den bewaffneten, antikommunistischen Widerstand in Rumänien“, (Iaşi 2016, zusammen mit Elena-Irina Macovei), „... an den Fahnenstangen fault die Wut. Gedichte, (Ludwigsburg 2016).
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6 Kommentare

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  • Dürfen Verbrecher kandidieren?



    eher nicht.



    Es geht also um die grenze zwischen dem was erlaubt und was verboten ist.



    diese grenze wandert.



    und es ist gut da sie wandert!

    und es ist auch gut, das gewisse dinge zwar nicht per gesetz jetzt sofort verurteilt werden können, aber das gewisse dinge an den pranger gestellt werden, damit solch asoziale dinge eben nicht weiterhin die macht haben!

    radikale technokraten, und nicht nur die, würden am liebsten sofort jegliches unvernünftige und nicht erklärbare sowie machtpolitische verhalten verbieten ... :P



    aber es ist nicht so einfach ... weil die moral eben relativ ist und weil wir alle von natur aus asozial sind. die entscheidende frage ist also: wie sehr!!??!!

    so herrschen nicht erst seit gestern ambivalente Moralsysteme über die geschichte der menscheit!



    also gewiss nicht neu die ambivalenz.



    das dieses ambivalente aber dennoch moralisch gute urteil jetzt dafür herhalten muss, sich gegen diese ambivalenz zu äußern, nun ja, find ich weitaus mehr kontraproduktiv.

    ist ja nicht die schuld der gerichts, das die norm ambivalent ist und die richter (und nicht nur die) eben oft die dinge selbst auslegen müssen, um voran zu kommen.

  • Ja klar, die demokratische Auseinandersetzung mit der AfD hat ihr bei den Wahlen Rekordergebnisse beschert. Trotzdem wird weiter von einem Parteiverbot phantasiert.

  • "...wäre eine demokratische Auseinandersetzung nützlicher als zweifelhafte und kontraproduktive Verbote."



    Ja, das sehen wir ja bei der AfD wie viel das gebracht nicht, oder?

    • @Sanni:

      Man sieht zur Zeit sehr gut, wer in Deutschland 1933 über die "Regierung der nationalen Erweckung" gejubelt hätte.

    • @Sanni:

      Das war auch mein Gedanke. "Die AfD inhaltlich stellen" heißt es ja auch immer so schön. Dass Antidemokraten sich gerne als Opfer des Systems inszenieren, egal wie das System entscheidet, ist nun auch nicht neu. Ein Blick in die USA führt es einem eindrucksvoll vor die Augen.

  • Die Dame scheint tatsächlich durchgeknallt.

    Dass sie überhaupt von Menschen dort gewählt wird ist für mich ein weiteres Beispiel dafür, wie der (neo-)liberale Schock eine Zivilgesellschaft zertrümmern kann.

    Iht kennt meinen Spruch schon: Neoliberalismus gebiert...