piwik no script img

Osnabrück hat einen neuen BischofDominicus Meier säuselt sanft

Osnabrücks neuer Bischof hat einiges gut zu machen. Sein Vorgänger hatte auf Berichte über sexuellen Missbrauch durch Kleriker nur zögerlich reagiert.

Auch als „Ehebandverteidiger“ war er tätig: Domenicus Meier Foto: dpa/Hauke Christian Dittrich

Osnabrück taz | Wer sich auf der Webseite des Bistums Osnabrück bis zu Michael Meiers Lebenslauf durchklickt, stößt dort auf das Bibelzitat der Woche. Meier ist seit Anfang September als „Dominicus“ neuer römisch-katholischer Bischof in Niedersachsen. Das Zitat unter seiner Vita lautet: „Des Menschen Herz plant seinen Weg, doch der Herr lenkt seinen Schritt“, Sprüche 16,9. Das passt: Gott war demnach auch bei ­Meiers Weg nach Osnabrück im Spiel.

Dieser Weg wäre nicht frei gewesen, hätte der Papst nicht das Rücktrittsangebot von Franz-Josef Bode angenommen, der war Meiers Vorgänger im Amt des Bischofs und war 2023 im Zuge einer Studie der Universität Osnabrück zu Fall gekommen.

Die Studie mit dem Titel „Betroffene – Beschuldigte – Kirchenleitung: Sexualisierte Gewalt an Minderjährigen sowie schutz- und hilfebedürftigen Erwachsenen im Bistum Osnabrück“ hatte dem Bistum attestiert, es habe die Pflicht, Betroffenen zu helfen, „in erheblichem Maße“ verletzt, „bis in die jüngste Vergangenheit“. Bode hatte zugegeben, „lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt“ zu haben.

Der ruhmlose Abgang seines Vorgängers verdüstert Meiers Amtsantritt massiv, so viel Glanz sich der Gottesdienst zu seiner Amtseinführung auch zu geben versucht. Meier muss es nun besser machen.

Die Würde der Opfer

Wer mit Jesus in Beziehung stehe, sagte Meier in seiner einschläfernd salbungsvollen Amtseinführungs­pre­digt, werde das „wertschätzende Wort für den Nächsten finden, das Wort, das Leben schenkt und Hoffnung macht und die Würde eines jeden hervorhebt und hochhält“. Auf das mit der Würde werden die Opfer sexualisierter Gewalt ihn sicher festnageln.

Meier, Benediktinermönch, mit 65 eigentlich ruhestandsreif, hat schon viel hinter sich. Einen Start als Justizfachangestellter. Ein Studium der Theologie und Philosophie. Priesterweihe, Promotion in Theologie, Habilitation und Lehrstuhl in Kirchenrecht. Er war Abt, ­Titularbischof, Weihbischof. Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, und Richter am höchsten Gericht der ­römischen Kurie.

Auch als „Ehebandverteidiger“ war er tätig, von 1992 bis 2001, am Erzbischöflichen Diözesangericht Paderborn. Seine weltferne Aufgabe damals, verstörend anachronistisch: in Eheprozessen Gründe gegen eine Scheidung zu finden. Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang: Ist die Ehe vollzogen, auch ­geschlechtlich? Tiefer kann man das Privatleben eines Paares nicht penetrieren.

Auf das mit der Würde werden die Opfer sexualisierter Gewalt Meier sicher festnageln

Ob Meier in diesen Prozessen auch so floskelsanft gesäuselt hat wie in seiner Wohlfühl-­Amtseinführungspredigt? Bei der trug er ­übrigens ein goldenes Hakenkreuz auf der Brust, kopfgroß, rund, rechtsdrehend. Hätte er doch den Titel der Ausstellung zur Prävention sexueller Gewalt beherzigt, die das bistumsnahe „Forum am Dom“ im Oktober zeigt, aus bitteren, sehr nachvollziehbaren Gründen: „Augen auf!“

Er freue sich auf die Ruhe des Gartens seiner Residenz, verriet Meier dem Sender „Domradio.de“. Zu bequem sollte er es sich lieber nicht machen. Er hat viel zu tun.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Tumber Antiklerikalismus ist bei euch schon so 'ne Art kollektiver Fetisch, ja? Naja, Fanservice, halt.