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Batteriefabrik in Schleswig-HolsteinSchweden stehen zu Dithmarschen

Für die strukturschwache Region bedeutet die geplante Giga-Batteriefabrik in Heide einen Umbruch. Doch der Northvolt-Konzern schwächelt.

Gelände sondiert: Archäologen untersuchen im Frühsommer die einer Fläche, auf der die Riesen-Fabrik gebaut werden soll Foto: Axel Heimken/dpa

Kiel taz | Sogar ein Team des schwedischen Fernsehens war angereist zur Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtags in Kiel: Angesichts der Krise des schwedischen Northvolt-Mutterkonzerns gab es viele Fragen zur geplanten Giga-Fabrik bei Heide. An der Sitzung nahm auch Northvolts Deutschland-Chef Christof Haux per Video teil und versicherte: „Wir machen in Heide weiter.“ Doch ob der geplante Zeitplan eingehalten wird, ließ er offen.

Seit Wochen häufen sich schlechte Nachrichten über die Lage des Mutterkonzerns: Rund 1.600 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit, davon rund 1.000 am nordschwedischen Standort Skelleftea, der nicht wie geplant ausgebaut wird. Insgesamt fällt weltweit jede fünfte Stelle des Batterieherstellers weg. Von den Kürzungen seit aber Heide nicht betroffen, versichert Northvolt.

Nahe der Kreisstadt von Dithmarschen sollen künftig rund 3.000 Beschäftigte Batterien für E-Autos produzieren. Nach der bisherigen Planung soll die Fabrik 2026 eröffnet werden und 2029 die volle Kapazität erreichen. Das Land Schleswig-Holstein und der Bund unterstützen das 4,5 Milliarden Euro teure Projekt mit Fördermitteln und Krediten.

Im März begannen die Bauarbeiten auf dem Riesengelände mit einem großen Festakt – doch zurzeit „herrscht in der Region eine große Verunsicherung“, sagte Kianusch Stender (SPD). Er warf der Landesregierung in Kiel vor, die Menschen vor Ort mit ihren Fragen allein zu lassen.

Northvolt will die Fabrik in Dithmarschen

Im Namen von Northvolt versicherte Christofer Haux, dass die Firma zum Standort stehe, mehr noch: „Wir brauchen die Fabrik in Heide, sie ist ein Grundpfeiler unserer Expansion.“ Zurzeit erlebe die Transformation zur Elektrisierung einen „Knick“, gab Haux zu, es gebe eine „kritische Phase“ weg von Verbrennungsmotoren hin zu E-Autos. Aber der „Megatrend“ zur Elektrisierung sei ungebrochen, ist sich der Northvolt-Vertreter sicher.

Das Unternehmen müsse sich kurzfristig auf den Markt einstellen und sich „auf das Kerngeschäft“, also den Bau von Batterien, konzentrieren. „Aber das verändert nicht unsere langfristige Ambition, der führende Batteriehersteller in Europa zu sein und den Wettlauf mit China aufzunehmen“, so Haux.

Northvolt verspricht, Batterien deutlich umweltschonender zu produzieren als chinesische Firmen. In Heide kann die Firma komplett mit Windstrom betrieben werden.

Großer Umbruch für die Region

Für die struktur- und bevölkerungsschwache Region bedeutet die Ansiedlung der Fabrik in Heide – wenn sie denn wie geplant kommt – einen großen Umbruch. Dirk Schrödter, Digitalisierungsminister und in der Staatskanzlei zuständig für die Northvolt-Ansiedlung, berichtete ausführlich über den Stand des Ausbaus von Straßen und Schienen, aber auch von Kitas, Schulen und Wohnraum – und erteilte sich selbst beste Noten: Noch nie sei eine Autobahnabfahrt so schnell gebaut worden, überall liefen Gespräche und seien Dinge in Bewegung. Sein Fazit: „Wir als Land haben unsere Hausaufgaben gemacht, ich bin stolz auf unser Land und die Regierung.“

Ganz so positiv sahen die Ver­tre­te­r:in­nen von SPD, FDP und der Minderheitenvertretung SSW die bisherige Bilanz allerdings nicht. Wenn die Landesregierung etwa bei Fragen zum Ausbau von Schulen auf die örtlichen Schulträger verweise, sei das nicht befriedigend, sagte Kianusch Stender. Oliver Kumbartzky (FDP) kritisierte, dass sich Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) trotz anderslautender Zusagen nicht in der Region sehen lasse. Auch ob im Haushalt Geld für die Infrastruktur rund um Northvolt ausgewiesen sei, blieb offen. Lukas Kilian (CDU) warnte aber davor, ein allzu schwarzes Bild zu malen: „Vergessen wir nicht, wir alle wollen die Fabrik.“

Welcome Center kommt nicht

Northvolt sucht zurzeit Mit­ar­bei­te­r:in­nen für Hamburg und Heide. Daher diskutierte der Landtag in seiner jüngsten Sitzung über ein eigenes „Welcome-Center“ für die Westküste, das Fachkräften aus dem Ausland den Start in Deutschland erleichtern soll. CDU und Grüne lehnten das ab, schließlich gebe es bereits ein Welcome-Center in Kiel für das ganze Land.

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