TV-Rechte an der Bundesliga: Die Welt des Sports im Stream
Noch nie wurde so viel Sport übertragen wie heute. Aber jetzt wird er auf endlos vielen Plattformen verteilt, die alle Geld kosten. Wer steigt da noch durch?
A chtung! Was jetzt folgt, ist knallharter Boomer-Content. Es geht um früher, um die alte Zeit, die gute, alte Zeit. Was wussten wir da nicht alles über den Sport! Dass Wilfried Lieck der Meister des Konterspiels im Tischtennis war, zum Beispiel. Oder was der Speedway-Fahrer Egon Müller für ein verrückter Kerl war. Wir haben ungefähr gewusst, wo Nettelstedt liegt und dass man da ganz ordentlich Handball spielt.
Von der englischen Fußballliga wussten wir, dass dort regelmäßig Flitzer auf den Platz gelaufen sind – spitterfasernackt, wie sich das damals für einen ordentlichen Flitzer eben gehörte. Und der spätere Europameister Mike Jackel war uns ein Begriff, seit er 1982 mit dem MTV Wolfenbüttel den deutschen Basketballpokal gewonnen hat.
Wer „Sportschau“ oder „Sportstudio“ geschaut hat, glaubte einst, alles zu wissen über die weite Welt des Sports. Der Männerfußball dominierte die Sendungen noch nicht so, wie das heute der Fall ist. Jetzt geben die Ausschreibungen für die Übertragungsrechte der Bundesliga ganz genau vor, was, wann, in welchem Sender oder auf welcher Plattform live oder als Zusammenfassung zu sehen ist.
Und wenn die ARD tief in die Tasche greift, um in ihrer Samstagssportschau Bundesligabilder zeigen zu können, bleibt eben kein Platz für den Rest des Sports. Im Milliardengeschäft um Einnahmen aus der TV-Vermarktung der Bundesliga geht es da nur um eine vergleichsweise kleine Buchung. Das meiste kassiert die Liga für die Rechte, Spiele live übertragen zu dürfen.
Paketweise werden die Rechte vom Ligaverband DFL versteigert. Der Bezahlsender Sky und die Streamingplattform DAZN müssen nun neue Angebote einreichen für eines dieser Pakete, jenes nämlich, welches die Übertragungsrechte an den Spielen am Samstagnachmittag enthält.
Milliardengeschäft Männerfußball
So genau wüssten wir das vielleicht gar nicht, hätte nicht ein Schiedsgericht in der vergangenen Woche darüber geurteilt und die Entscheidung der DFL, das Gebot von DAZN zurückzuweisen, weil man nicht daran glaubte, dass sich der Sender die 400 Millionen Euro, die er für dieses Paket bereit war zu zahlen, leisten kann. Sky hatte ein wenig weniger geboten.
Horrende Zahlen schwirrten durch die Medien, ohne dass erwähnt wurde, dass es am Ende die Sportfreunde sind, die den TV-Deal finanzieren müssen. Wer die Möglichkeit, alle Bundesligaspiele zu sehen, haben möchte, zahlt für die laufende Saison 65 Euro im Monat (35 Euro für DAZN und 30 Euro für Sky). Wer dazu noch alle Champions-League-Spiele sehen möchte, braucht noch eine Amazon-Prime-Mitgliedschaft und muss bei Sky noch einmal 35 Euro im Monat drauflegen. Es ist längst normal geworden, für Livespiele am Bildschirm zu bezahlen.
Wer neben Fußball auch noch gerne Basketball anschaut, braucht für die Bundesliga der Korbjäger ein Abo der Streamingplattform Dyn Sport (ab 12 Euro im Monat) – und noch eins von Magenta Sport (13 Euro), wenn er auch die Euroleague-Spiele anschauen will. Dort kann man auch schauen, wie sich abgestürzte Traditionsvereine in der Dritten Liga schlagen oder was sich in der Fußballbundesliga der Frauen tut. Keine Gebühren fallen für die an, die sich auch mal ein Zweitligaspiel der Frauen anschauen wollen. Die KI-gestützten Übertragungen von Bezirkssportanlagen auf sporttotal.tv mit nicht immer begabten Kommentatoren sind indes sehr gewöhnungsbedürftig.
So, Boomer, wie ist das nun? Gibt es nicht heute mehr Sport zu sehen als je zuvor? Mag schon sein. Aber die Fans müssen über ihr Sportprogramm ganz alleine entscheiden. Keine Sportschauredaktion sortiert die Sportwelt vor. Das war früher schon einfacher. Billiger sowieso. Und was ist eigentlich aus dem Speedwaysport geworden?
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