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Eine Gehwegsanierung in EtappenJetzt aber holterdiepolter

Baulärm vorm Mietshaus, wie schön. Endlich wird der Gehweg einer Straße in Friedrichshain saniert. Nichts besonderes, wenn das Zeit-Moment nicht wäre.

Stückwerk: nur ein Teil der Hausburgstraße kriegt einen neuen Gehweg, der Rest bleibt erstmal so holprig wie eh und je Foto: Andreas Hergeth

Berlin taz | Dass ich mich mal über Baulärm vorm Haus freue, hätte ich nie gedacht. Seit einer Woche wird in meiner Straße, der Hausburgstraße im Nordkiez von Friedrichshain, der Gehweg saniert. Und ich bin happy. Das klingt absurd? Nun, ich warte darauf seit einigen Jahren. Aber der Reihe nach.

Seit einer Woche herrscht reges Treiben in unserer ansonsten ruhigen Seitenstraße. Die Hausburgstraße liegt am alten Schlachthof, auf der einen Seite stehen Gründerzeitbauten, auf der anderen säumt die alte Schlachthofmauer aus Backsteinen den Gehweg. Nun versperren weiß-rote Absperrgitter aus Kunststoff komplett den Bürgersteig vorm Haus; durch einen schmalen Bereich kommt man rein und raus.

Der Fußgängerweg hat eine Sanierung bitter nötig. Denn der ist eine Zumutung, schon immer – ich lebe hier seit 1995. Überall Stolperfallen. Hier ist nichts mehr eben, mensch muss Slalom laufen, hier wacklige Gehwegplatten, da Wurzeln der Straßenbäume, so dick wie starke Oberarme. Auf mehreren Metern fehlen Gehwegplatten ganz, dort liegt das Erdreich blank, bei Regen entstehen große Pfützen. Diese fiesen Stellen wurden immer mal wieder mit Bitumen aufgeschüttet, aber das hat die Sache eher verschlimmbessert.

Ein Teil des Trottoirs jenseits unseres Wohnhauses wurde schon saniert – im Herbst 2019. Damals ließ der Bezirk rund 80 Meter an einem Ende der Hausburgstraße aufmöbeln. Es entstand schönster Gehweg, ebenerdig und plan, eine Freude für alle Fußgänger:innen, vor allem Leute mit Gehstützen, Rollstühlen, Kinderwägen … Doch der nun stolperfreie Gehweg endete genau vor unserem Haus.

„Für dieses Jahr geplant“

Die seinerzeit befragte Pressestelle des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg gab im Januar 2020 die Auskunft, dass „die Gehwegsanierung der Hausburgstraße in mehreren Abschnitten für dieses Jahr geplant“ wäre – also für 2020. Das Ziel wurde glatt verfehlt. Aber nun ja, ich will dankbar sein, dass es vier Jahre später doch noch etwas wird damit. Eben in mehreren Abschnitten.

Denn die Sanierung ist wieder nur Stückwerk. Nur auf gut rund 100 Meter wird der Gehweg lediglich bis zur nächsten Ecke, der Kochhahnstraße, erneuert. Daran schließt sich ein Stück mit unsaniertem Holterdiepolter-Gehweg an, gefolgt von einem Bereich eines bereits sanierten Teilstückes (da, wo die bekannte Hausburgschule liegt). Der letzte Teil ist dann wieder in einem miserablen Zustand. Mit gesundem Menschenverstand lässt sich diese Vorgehensweise im Häppchenformat nicht erklären.

Letztens waren Männer der beauftragten Firma dabei, Holzgitter zum Schutz um die Straßenbäume zu verschrauben. Erste Platten wurden von ihnen aus dem Gehweg herausgebrochen. Eine Woche später sind fast schon alle alten Gehwegplatten und Pflastersteine weg, das sandige Erdreich liegt wie eine offene Wunde da.

Ich sage den Kollegen beherzt „Guten Morgen“ und auch, wie sehr ich mich als Anwohner freue, dass es endlich – nach vier Jahren! – weitergeht mit der Gehwegsanierung, und das in finanziell so klammen Zeiten. „Die nächsten Jahre wird es ja noch enger“, sagt der eine. „Und wir werden auch immer wieder abgezogen von den Arbeiten“, meint der andere, „wie überall gibt es Personalprobleme.“

Na mal sehen, ob die avisierte Bauzeit für das Stück Bürgersteig tatsächlich bis 1. November eingehalten werden kann. Man kennt ja das Problem mit großen und auch kleinen Baustellen in Berlin.

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2 Kommentare

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  • Moin Herr Hergerh.



    Danke für den Bericht!



    Ich leite den Artikel mal an die engagierte Ingenieurin weiter, die das geplant hat (und dabei auch mehr Wuchsraum für die Straßenbäume schafft) und jetzt mit den Baufirmen zusammen vor Ort umsetzt.



    Und glauben Sie mir: Es wäre auch den Beschäftigten im Bezirk lieber, alles gleich und großflächig (und natürlich überall, klaro!) zu sanieren.



    Wenn nur nicht die zwei P's in Berlin wären: Penunzen- und Personal-Knappheit.



    Der Bezirk hat seit den Sarrazin-Jahren z.B. keinen einzigen Straßenbauhof und keine eigenen Straßenbauer mehr...



    Beste Grüße



    Felix Weisbrich

  • Der Autor kann Einfluss nehmen auf die Zusammensetzung des Bezirksamtes durch seine Wahlentscheidung.

    Vielleicht mal eine andere Partei wählen.