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Meduza-Auswahl 29. August – 3. SeptemberStippvisite in der Mongolei

Russlands Präsident Putin besucht die Mongolei, obwohl ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn vorliegt.

Staatsempfang statt Festnahme: Russlands Präsident Wladimir Putin auf Besuch in der Mongolei Foto: Sofira Sandurskaya/Sputnik/reuters

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 29. August bis zum 3. September 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Über Bürgerrechte im Internet

„Wir haben so etwas in einem europäischen Kontext noch nicht gesehen“, sagt der Internetrechtsforscher TJ McIntyre, Professor an der Sutherland School of Law an der Universität College Dublin, auf die Fragen von Meduza zu den Vorwürfen gegen Telegram-Gründer Pawel Durow. Beihilfe zum Vertrieb von Drogen und Kinderpornografie sind nur einige der Straftaten, derer die französischen Behörden Pawel Durow angeklagt haben. Nun steht der Unternehmer unter richterlicher Aufsicht und darf Frankreich nicht verlassen.

TJ McIntyre forscht zum Recht im Internet und zu bürgerlichen Freiheiten. In diesem Interview (russischer Text) erklärt TJ McIntyre, wie europäische Gesetze die Arbeit von Onlineplattformen regeln, warum die französischen Sicherheitskräfte den Gründer von Telegram verhaftet haben und was andere Inhaber ähnlicher Unternehmen erwarten könnte.

Putin besucht die Mongolei – und verlässt sie wieder

Am 2. und 3. September besuchte Putin die Mongolei. Das Land ist Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) – formell hätte es den russischen Präsidenten, gegen den ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, festnehmen müssen. Putin sowie Marija Lwowa-Belowa, Beauftragte des Staatschefs für die Rechte von Kindern, werden verdächtigt, Kinder aus den besetzten Gebieten der Ukraine illegal nach Russland geholt zu haben. Doch Putin verließ die Mongolei ganz normal, nicht in Handschellen.

Meduza hat mit Experten gesprochen (russischer Text), um herauszufinden, ob der IStGH nun gegen die Mongolei vorgehen könnte. Gleb Bogush, Experte für internationales Recht und Forscher an der Universität Köln, sagt: Der IStGH habe diese Möglichkeit nicht. Denn wie andere internationale Rechtsinstitutionen muss er sich auf das Agieren seiner Mitgliedstaaten verlassen. Ernsthafte Konsequenzen – etwa Sanktionen – seien für das säumige Land nicht vorgesehen, so Bogush gegenüber Meduza.

Wer will schon ewig leben?

Anfang 2024 erklärte Wladimir Putin, dass Russland ein neues „nationales Projekt“ aufbauen wolle, das auf die „Erhaltung der Gesundheit“ der Bürger des Landes abziele. Wenige Monate später wurde eine neue Initiative vorgestellt: „Neue Technologien zur Erhaltung der Gesundheit“. Damit wollen die russischen Behörden bis 2030 circa 175.000 Leben verlängern und retten.

Zusammen mit dem Forschungsteam von RFE/RL „Systema“ hat Meduza versucht herauszufinden (englischer Text), woher diese Idee kommt – und wie langjährige Freunde des russischen Präsidenten, die Kowaltschuk-Brüder, in den Plan für Russlands „Unsterblichkeit“ involviert sind.

Wie rechts ist Russland?

In Schweden, Italien, Deutschland oder Spanien erleben die rechten Parteien einen Zuwachs und werden immer populärer. In einer neuen Podcastfolge der Serie „Signal“ erzählt Meduza (russischer Podcast), woher rechte Bewegungen kommen und wer in Russland als rechts gilt.

Das Exilmedium nimmt etwa Margaret Thatcher – die von 1979 bis 1990 im Amt war – in Großbritannien als Beispiel dafür, dass rechts nicht immer undemokratisch bedeutet. Noch ein Beispiel, das das Exilmedium erwähnt, ist die US-amerikanische Regierung unter Ronald Reagan.

Der Ex-Diplomat und ehemaliger Chefredakteur von Carnegie.ru, Alexander Baunow, selbst im Exil seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine, sieht Russland in einer Reihe mit rechten Diktaturen wie Thailand, Myanmar oder Ägypten. (Wladimir Putin beschreibt sich selbst lediglich als „konservativ“.)

Der Podcast „Signal“ fragt seine Hörer*innen, unter welcher Kategorie – zwischen links und rechts – sie sich selbst einordnen würden. Den Podcast gibt es auf allen Podcast-Plattformen, auf YouTube und auf der Meduza-App, die Kreml-Blockaden umgeht und auch ohne VPN funktioniert.

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1 Kommentar

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  • Der Sachverhalt wir oft unrichtig dargestellt.

    Richtig ist:

    Von Personen mit diplomatischer Immunität oder dergleichen eines nicht-Vertragsstaates (wie Russland) darf der Gerichtshof auch von den Vertragsstaaten keine Auslieferung (Vollstreckung) einfordern.

    Dies ist im Artikel 98 des Rom-Statut explizit so geregelt, Zitat amtliche Übersetzung des Statut [1]:

    "1. Der Gerichtshof darf kein Überstellungs- oder Rechtshilfeersuchen stellen, das vom ersuchten Staat verlangen würde, in Bezug auf die Staatenimmunität oder die diplomatische Immunität einer Person oder des Eigentums eines Drittstaats entgegen seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zu handeln, ...

    Aus dem Völkergewohnheitsrecht heraus genießen Staatsoberhäupter von eingeladenen Drittstaaten etc. Immunität gegen Strafverfolgung, Zitat Wikipedia-Artikel "Diplomatenstatus" [2]:

    "Amtierende Staatsoberhäupter, bei Besuchen aufgrund amtlicher Einladung ..., sind nicht nach dem WÜD, sondern nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht umfassend geschützt. Sie sind von der Gerichtsbarkeit des Gastlandes befreit ...!

    [1] www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2002/586/de

    [2] de.wikipedia.org/wiki/Diplomatenstatus