piwik no script img

Brand in EberswaldeStilles Gedenken für die Brandopfer

Nach dem Brand in Eberswalde ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Stadtverein ruft zu Mahnwache auf.

Löscharbeiten in der Nacht des 15. September in Eberswalde Foto: dpa

Berlin taz | Schräg gegenüber von dem Brandhaus befindet sich der Marktplatz von Eberswalde. Eine Platane steht dort. Umgeben ist der Baum von Blumen, Kerzen und kleinen Kuscheltieren. Und täglich werden es immer noch mehr.

Eine knappe Woche ist es her, dass das mehrstöckige Wohn- und Geschäftshaus an der Friedrich-Ebert-Straße in der Altstadt von Eberswalde in Flammen stand. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt Oder hat inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung mit Todesfolge gegen Unbekannt eingeleitet.

Zwei Menschen kamen in der Nacht vom vergangenen Samstag auf Sonntag ums Leben, mutmaßlich eine Frau türkischer Herkunft und ihr Sohn. Offiziell bestätigt ist das noch nicht, weil die Toten noch nicht identifiziert sind. Sechs Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei lebten in dem Haus vor allem Menschen mit Migrationshintergrund.

Eberswalde sei geschockt, sagt Dana Kasch, Inhaberin einer Boutique in der Altstadt und Mitglied im Stadtverein. Der Stadtverein, in dem Geschäftsinhaber, Vereine und Privatpersonen organisiert sind, ruft an diesem Freitag zu einem stillen Gedenken für die Brandopfer auf. Die konfessionsübergreifende Andacht findet um 17.30 Uhr an der Platane statt.

Gemeinsame Anteilnahme

Es gehe dabei weder um christlich, muslimisch, jüdisch oder sonst eine Konfession oder gar keine, heißt es in dem Aufruf des Stadtvereins. Es gehe darum, „dass wir einfach alle zusammenhalten“, gemeinsame Anteilnahme verkünden und Wege der Hilfe eröffnen.

Unmittelbar nach dem Brand war eine Spendensammlung für die Betroffenen und deren Familien eingeleitet worden. Bereits am Montag hatte ein stilles Gedenken für die Opfer stattgefunden.

Bei der Einschätzung der Brandursache hielten sich Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst zurück. Ein technischer Defekt wurde nicht ausgeschlossen. Am Dienstagnachmittag erst bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt Oder, dass ein Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung mit Todesfolge gegen unbekannt eingeleitet worden sei: „Wir gehen nicht von einem technischen Defekt aus, sondern von einem vorsätzlichen Verhalten, was zur Brandentstehung führte“, sagte ein Sprecher.

Bei der Aufklärung setzt die Polizei auch auf Hinweise aus der Bevölkerung. Ein Hinweisportal für Videos und Fotos wurde eingerichtet, wo mögliche Zeugen Bild- und Filmmaterial hochladen können, das diese in der Nacht vom 14. zum 15. September vor allem in der Zeit zwischen 22 und 24 Uhr gemacht haben. Die Polizei erhofft sich dadurch weitere Erkenntnisse.

Niemand möchte spekulieren

Keiner, der in Eberswalde Verantwortung trägt oder sich für das Zusammenleben in der Stadt engagiert, möchte derzeit über mögliche Tathintergründe spekulieren. Nichts, rein gar nichts sei bekannt, heißt es. Spekulationen willkürlich Raum zu geben, sei das Verkehrteste, was man zudem so kurz vor der Landtagswahl am Sonntag machen könne.

Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) immerhin fühlte sich berufen, Polizei und Staatsanwaltschaft an ihre Sorgfaltspflicht zu erinnern. Wenn es sich um Opfer mit Migrationshintergrund handele, seien in Deutschland viel zu oft voreilig mögliche rechtsextreme Hintergründe ausgeschlossen worden. Schon deshalb, weil Täter am Tatort keine Hinweise auf ihre Nazigesinnung hinterlassen hätten.

Nach Überzeugung des Bundesamts für Verfassungsschutz hat Millî Görüş ein antidemokratisches Staatsverständnis.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Nach Überzeugung des Bundesamts für Verfassungsschutz hat Millî Görüş ein antidemokratisches Staatsverständnis." No kidding. Die Mahnung ist trotzdem richtig.