Neue Musik aus Berlin: Verwegene Mixtur

Auf ihrer Doppel-CD „Be Our Guest“ lassen der Schlagzeuger Michael Griener und der Bassist Jan Roder ihrer unorthodoxe Spielweise des Jazz freien Lauf.

In blaues Licht getauchte Bühnensituation: Michael Griener sitzt vorne links im Bild am Schlagzeug, hinter ihm ist Jan Roder zu sehen, der am Kontrabass steht.

Michael Griener und Jan Roder in Action Foto: Sergei Gavrylov

„Was uns beide eint, ist das Gefühl für Swing“, sagt Michael Griener am Telefon. Der Schlagzeuger spricht über die Rhythmusgruppe, die er seit drei Jahrzehnten mit dem Bassisten Jan Roder bildet und mit dem er jetzt eine Werkschau veröffentlicht hat.

Ihre Doppel-CD „Be Our Guest“, alleine das ist schon einmal ein Jazz-Motto, versammelt bei einer Laufzeit von zwei Stunden 36 Weggefährtinnen und Zeitgenossen der beiden Wahl- und Herzensberliner, die für eine unorthodoxe Spielweise von Jazz stehen. Unorthodox heißt experimentell, aber nicht akademisch; unorthodox umfasst altmodisch, aber nicht reaktionär: „Wir beziehen uns deutlich auf die Jazztradition“, fügt Griener an.

Hören lässt sich das an den Stücken, die „Be Our Guest“ rahmen: „√C“, eine Komposition des Bassklarinettisten Rudi Mahall, interpretiert durch das Christof Knoche Trio, aufgenommen 1994 noch in Hannover, ist befreiter Jazz, dem Free kein Dogma ist.

Griener & Roder: „Be Our Guest“ (Trouble in the East Records); Live im Kühlspot Social Club: Steve Swell/Matthias Müller/Michael Griener, 20. 9., 20.30 Uhr; Jan Roder/Olaf Rupp, 22. 9., 19.30 Uhr

„Verlacht“, eine Komposition des Trompeters Axel Dörner, interpretiert durch das Quartett Die Enttäuschung, ist eine verwegene Mixtur alten und neuen Stils. Begonnen hat Die Enttäuschung mit Kompositionen des afroamerikanischen Pianisten Thelonious Monk. Der galt einmal als Modernist und jetzt als Klassiker.

„Be Our Guest“ enthält zwei Monk-Stücke, furios umgesetzt mit Alexander von Schlippenbach am Piano, aufgenommen im Au Topsi Pohl in Mitte-Tiergarten, einem der vielen flüchtigen Jazz-Orte, denen Griener und Roder auf ihrem musikalischen Stadtplan Berlins zu Dauer verholfen haben.

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Robert Mießner, geboren 1973 in Ost-Berlin. Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Philosophie und Bibliothekswissenschaft. Flaniert und notiert, hört zu und schreibt auf. Herausgeber (mit Alexander Pehlemann und Ronald Galenza) von „Magnetizdat DDR. Magnetbanduntergrund Ost 1979–1990“, Buch und LP, Berlin, Leipzig und Barreiro 2023

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