piwik no script img

Heckenschütze auf dem Golfplatz

Präsidentschaftskandidat Donald Trump gerät offenbar erneut in das Visier eines Attentäters. Ein Mann wurde festgenommen. Biden: Mehr Personal für Sicherheit

Aus Washington Hansjürgen Mai

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist offenbar zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ins Visier eines Attentäters geraten. Dies erklärte die US-Bundespolizei FBI in einer Stellungnahme am Sonntag. Das FBI untersucht einen „offenbaren Mordversuch gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump“, sagte die Behörde in einem Post auf X.

Der 78-jährige republikanische Spitzenkandidat blieb unverletzt und befindet sich in Sicherheit. „Meine Entschlossenheit ist nach einem weiteren Anschlag auf mein Leben nur noch stärker! Ich werde niemals nachlassen. Ich werde niemals aufgeben. Ich werde niemals kapitulieren“, wurde Trump in einer E-Mail seines Wahlkampfteams zitiert.

Der Zwischenfall ereignete sich am frühen Sonntagnachmittag (Ortszeit). Der Secret Service, der in den USA für den Schutz hochrangiger Politiker zuständig ist, entdeckte den Verdächtigen nach eigenen Angaben wenige Hundert Meter von Trump entfernt in den Büschen am Zaun um den Golfplatz und eröffnete das Feuer. Der Verdächtige soll danach in einem Auto geflüchtet sein und das Gewehr und eine Kamera zurückgelassen haben. Ein Zeuge notierte das Kennzeichen des Fahrzeugs. Kurze Zeit später wurde er auf einer Autobahn in der Nähe des Tatorts festgenommen.„Es gab einen Zeugen, der zu uns kam und sagte: ‚Hey, ich habe den Kerl aus dem Gebüsch rennen sehen, er ist in einen schwarzen Nissan gesprungen und ich habe ein Foto von dem Fahrzeug und dem Kennzeichen gemacht‘, das war großartig“, erklärte Sheriff Ric Bradshaw. Behörden konnten ein Sturmgewehr, zwei Rucksäcke und eine GoPro-Videokamera am Ort des versuchten Attentats sicherstellen.

Sicherheitsbehörden in Florida identifizierten später den 58-jährigen Ryan Wesley Routh als mutmaßlichen Schützen. Ein Reporter der New York Times stellte fest, dass er Routh im vergangenen Jahr interviewt hatte: Routh hatte da den Plan, ehemalige Soldaten der afghanischen Regierungsarmee als Kämpfer gegen die russische Invasion in die Ukraine zu bringen.

Routh war nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 nach Kyjiw gereist, um dort die Landesverteidigung zu unterstützen – und war dort unter anderem von der Nachrichtenagentur AFP interviewt worden.

CNN und CBS berichteten, Routh sei ein selbständiger Bauunternehmer für bezahlbaren Wohnraum auf Hawaii, der in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals festgenommen worden sei. Er habe sich im Internet regelmäßig zu Politik und aktuellen Ereignissen geäußert, darunter auch Kritik an Trump.

Im März 2022 hatte Routh im Onlinedienst X angekündigt, in die Ukraine reisen zu wollen. Er sei bereit „zu kämpfen und zu sterben“. AFP interviewte ihn Ende April bei einer Demonstration in Kyjiw. „Putin ist ein Terrorist, dem ein Ende gesetzt werden muss“, sagte er damals.

US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris wurden über den Vorfall informiert und beide seien darüber „erleichtert“, dass der Ex-Präsident in Sicherheit ist, so das Weiße Haus. „Ich wurde darüber informiert, dass in der Nähe des ehemaligen Präsidenten Trump und seines Anwesens in Florida Schüsse fielen und bin froh, dass er in Sicherheit ist“, schrieb Harris auf der Plattform X.

„Ich verurteile politische Gewalt. Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, dass dieser Vorfall nicht zu weiterer Gewalt führt“, wurde sie in einer Mitteilung des Weißen Hauses in Washington zitiert. Ausdrücklich lobte Harris den Secret Service und die anderen Sicherheitskräfte für ihre Wachsamkeit. Die Regierung werde sicherstellen, dass der Secret Service über alle Ressourcen, Fähigkeiten und Schutzmaßnahmen verfüge, die er zur Erfüllung seiner wichtigen Aufgabe benötige, sagte sie weiter.

Biden sagte am Montag ebenfalls, der Secret Service müsse verstärkt werden: „Eines möchte ich klarstellen: Der Service braucht mehr Hilfe, und ich denke, der Kongress sollte auf seine Bedürfnisse reagieren“, sagte Biden in Washington. „Ich denke, wir brauchen mehr Personal.“

„Ich verurteile politische Gewalt“

Kamala Harris, Vize-Präsidentin

Trumps Vizekandidat, Senator J.D. Vance aus Ohio, schrieb am Sonntag auf X, der ehemalige Präsident sei „guter Dinge“. Ähnlich äußerte sich US-Senator und Trump-Unterstützer Lindsey Graham.

Das mutmaßliche Attentat am Sonntag erfolgte nur etwa zwei Monate nachdem Trump während einer Kundgebung in Pennsylvania von einer Kugel am rechten Ohr verletzt wurde. Trump überlebte den Mordversuch im Juli um wenige Zentimeter. Der Schütze wurde damals von Scharfschützen getötet.

Der erste Attentatsversuch im Juli führte zu heftiger Kritik am Secret Service, zu deren Aufgabe der Schutz von Präsidenten, deren Familien und anderer namhafter Politiker gehört. Im US-Kongress wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die den Vorfall in Pennsylvania untersuchen soll. Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, der Abgeordnete Mike Kelly, verlangt vom Secret Service ein Briefing zum jüngsten Vorfall.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen