: Koalition streitet über beitragsfreies Schulessen
Im Parlament muss sich Schulsenatorin Günther-Wünsch (CDU) viel Kritik anhören – auch von der SPD
Von Stefan Alberti
Die schwarz-rote Koalition steuert auf einen heftigen Konflikt in der Debatte um Milliardenkürzungen im Haushalt zu. Überlegungen, am von der SPD durchgesetzten Prinzip der Gebührenfreiheit zu rütteln und nur noch Kindern aus finanzschwachen Familien das Schulessen zu bezahlen, nannte SPD-Bildungsexpertin Maja Lasić „politische Schaumschlägerei“. Die SPD-Fraktion halte „an der Gebührenfreiheit fest“, sagte sie am Donnerstag in der ersten Sitzung des Abgeordnetenhauses nach der Sommerpause.
Lasić äußerte sich in einer Debatte über das Chaos beim Schulessen. Die Linksfraktion hatte per Dringlichkeitsantrag den Senat verpflichten wollen, für verlässliches Essen zu sorgen. Im selbem Antrag drängte die Fraktion darauf, weder vom beitragsfreien Essen abzurücken, noch die Beitragsfreiheit beim Kita-Besuch infrage zu stellen. Auch Lasić stellte das Schulessen als „essenziellen Beitrag“ der Ganztagsschule dar. Aus ihrer Sicht wären zudem bei einer Abkehr davon Gewinne für den Haushalt „extrem gering“.
Ihr seit Mai amtierender neuer SPD-Landeschef Martin Hikel hingegen hatte sich im Frühjahr mehrfach kritisch gegenüber kompletter Beitrags- und Gebührenfreiheit geäußert. In seinem Landesvorstand hat er sich damit bisher aber nicht durchsetzen können. Auf CDU-Seite sprach Regierungschef Kai Wegner im August von „ein paar sozialen Geschenken im Bildungsbereich“.
Im Streit über die Verantwortung dafür, dass der Essenslieferant 40 Seconds neu übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommt, übernahm SPD-Politikerin Lasić teils die Haltung der Opposition. Die hatte dazu heftig Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) attackiert. „Die Schuld bei der Bildungsverwaltung abzuladen, hat vielleicht ein Körnchen Wahrheit“, sagte die SPD-Abgeordnete.
Günther-Wünsch wies solche Vorwürfe zurück. Sie verwies auf geltendes Schulrecht, dass den gewünschten schnellen Lösungen im Wege stehen würde. „Das sind Zustände, die können Sie draußen Lehrern und Eltern nicht erklären – aber das ist die Rechtsgrundlage“, sagte die Senatorin. Die Grüne Silke Gebel sah das anders: Günther-Wünschs Behörde habe einen „Realitätscheck“ für die Ausschreibung zur neuen Essensversorgung versäumt. „Wir hätten erwartet, dass Sie die Größe hätten, sich bei den Kindern zu entschuldigen“, sagte Gebel.
Ob die konträren Haltungen von CDU und SPD zur Beitragsfreiheit zusammenfinden, soll sich offiziell bis Ende September zeigen: Dann will die Koalition ihren Milliardeneinsparplan fertig haben. Senatssprecherin Christine Richter hat diesen Termin allerdings schon am Dienstag relativiert: Sie schließe nicht aus, „dass es auch etwas länger dauern kann.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen