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Po­li­ti­ke­r:in­nen und soziale MedienTanzen gegen die AfD

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Macht TikTok die Rechtsextremen stark? Bundestagsabgeordnete diskutieren mit Berliner Jugendlichen, wie demokratisches Social Media aussehen könnte.

Gemeinsam gegen die AfD auf TikTok? Die Bundestagsabgeordneten Emilia Fester (Grüne, links im Bild) und Emily Vontz (SPD, rechts) Foto: Jonas Wahmkow

T ikTok hat die AfD stark gemacht. Besonders nach den jüngsten Wahlerfolgen hat diese These noch einmal an Popularität gewonnen. So komplex die Ursachenanalysen im Einzelnen auch ausfallen mögen, der gekonnte Umgang der extremen Rechten mit Social Media scheint ein Faktor, auf den sich alle einigen können.

„Brauchen wir eine Gebrauchsanweisung für Tiktok, Insta und Co.?“, fragte folgerichtig der Mobilfunkkonzern Telefonica und lud Po­li­ti­ke­r:in­nen und Berliner Jugendliche am Dienstagvormittag in das Basecamp in Mitte ein. Der Einladung folgten die im Vergleich zum Rest des Bundestags ebenfalls sehr jugendlichen Abgeordneten Emilia Fester (26, Grüne), Emily Vontz (23, SPD) und der noch nie jugendliche wirkende CDU-Politiker Phi­lipp Amthor (31). Wer, wenn nicht sie, könnte die digitale Brandmauer aufrechterhalten?

„Die AfD schafft fast schon eine Art Omnipräsenz auf Tiktok“, stellt die SPD-Abgeordnete Vontz fest. Gegen diese Allgegenwärtigkeit vorzugehen ist auch Aufgabe gewählter Politiker:innen, auch das scheint auf dem Podium Konsens. Nur in der Umsetzung unterscheiden sich die Politiker:innen: Vontz versucht mit Eklärvideos den Politikbetrieb nachvollziehbar zu machen, Fester mit lustigen Tanzvideos politische Botschaften durch den Algorithmus zu bringen. „Ich tanze nicht, um im Bundestag zu tanzen, sondern ich möchte den Algorithmus nutzen, um politische Inhalte zu verbreiten.“

Eine Strategie, die nicht immer gut ankommt. „Ich mag es nicht, wenn Po­li­ti­ke­r:in­nen so auf lustig machen. Das wirkt nicht seriös“, kritisiert eine Schülerin und erinnerte daran, dass in der Welt der sozialen Medien zwei große Unbekannte gibt: den allmächtigen Algorithmus und die anonyme Masse der Nutzer:innen.

Meme-Lord Amthor

Durchweg souverän zeigte sich hingegen Amthor. Der besonders durch seine Auftritte in der „heute Show“ selbst zu einem Meme gewordene Politiker braucht für seine über 140.000 Fol­lo­wer:­in­nen nicht mehr zu tun, als ab und an ein paar Ausschnitte aus Bundestagsreden und Bildchen auf Instagram hochzuladen.

„Man sollte sich nicht der Diskussion hingeben, parlamentarische Demokratie in 10-Sekunden-Videos zu vermitteln“, schießt der CDU-Abgeordnete gegen seine Kollegin von den Grünen.

Den Rest der Zeit nutzte Amthor, um Wahlkampf zu machen: Migration sollte auf ein Minimum reduziert werden, die Regierung sofort zurücktreten. Traurig, dass Amthor damit jene Erzählungen bedient, die den Markenkern der AfD ausmachen. Vielleicht sollte man doch nicht nur auf Tiktok schauen.

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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1 Kommentar

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  • Politik, die die Sorgen der Bürger ernst nimmt, die Probleme, die sie sehen, ernsthaft angeht und einer Lösung zuführt, ist der beste Weg, Protestparteien wie AfD und BSW zu marginalisieren. Respektloses Rumgetanze von infantilen Abgeordneten trägt dazu sicherlich nicht bei sondern verstärkt den Frust.