Klage gegen Pestizide: Zulassung ohne Risikoprüfung

Die Umwelthilfe zieht vor das Gericht der EU: Der Insektenkiller Sulfurylfluorid schade dem Klima, der Unkrautvernichter Flufenacet der Gesundheit.

Warnschild mit Sulfurylfluorid. Ein Gelbes Dreieck, darin ein schwarzer dreiceckiger Rahmen. Darin die Illustration eines Totenschädels mit Knochen dahinter.

Obacht: Sulfurylfluorid! Foto: Sascha Steinach/imago

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt beim Gericht der EU gegen die Zulassungen von zwei mutmaßlich gefährlichen Pestizidwirkstoffen. Das Unkrautvernichtungsmittel Flufenacet könne nach einer vorläufigen Einschätzung der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit den Hormonhaushalt beeinflussen und sei extrem langlebig, teilte die DUH am Montag mit. Mit Sulfurylfluorid werden Schädlinge zum Beispiel in Holz für den Export getötet. Den Umweltschützern zufolge schadet das Gas dem Klima weit mehr als die gleiche Menge Kohlendioxid. „Der Anstieg der Emissionen von Sulfurylfluorid in Europa trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei“, so die DUH. Der Rechtsstreit mit der EU-Kommission könnte sich auch auf viele andere Pestizide auswirken.

„Obwohl die erstmals 2004 beziehungsweise 2010 erteilten Genehmigungen für die hochriskanten Wirkstoffe schon längst abgelaufen sind, hat die EU-Kommission diese auf Druck der Industrie immer wieder verlängert“, kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Und das, ohne aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse über die Risiken der Anwendung für Menschen, Klima, Gewässer und Biodiversität angemessen zu berücksichtigen.“

Einen Widerspruch des Verbands gegen die Zulassungsverlängerungen hatte die EU-Kommission zurückgewiesen. Sie berief sich auf Artikel 17 der Pflanzenschutzmittel-Verordnung. Demnach müsse die Behörde Zulassungen vor deren Ablauf erneuern, wenn sie es nicht schafft, die Risiken vorher zu prüfen und der Hersteller für die Verzögerung nicht verantwortlich ist. Im Fall von Flufenacet untersuchen die EU-Behörden seit 2019 ohne endgültiges Ergebnis, ob und wie es den Hormonhaushalt beeinflusst. DUH-Anwältin Caroline Douhaire argumentiert dagegen, das Vorsorgeprinzip des EU-Rechts zwinge die Kommission, „dringend“ einzuschreiten.

Der Leverkusener Chemiekonzern Bayer, der wie andere Unternehmen Flufenacet verkauft, schrieb der taz auf Anfrage: „ Alle von Bayer angebotenen Produkte sind sicher für Mensch und Umwelt, wenn sie entsprechend der Anwendungshinweise verwendet werden.“ Das besonders umstrittene Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) könne auch als Vorprodukt für viele Anwendungen wie Kühlmittel, Beschichtungen oder Funktionskleidung in die Umwelt geraten. Den jüngsten wissenschaftlichen Studien zu TFA zufolge gebe es „keine Hinweise auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder für die Umwelt“. Das US-Unternehmen Douglas, das die Zulassungsverlängerung von Sulfurylfluorid beantragt hat, ließ eine Bitte der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.