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Bewegungstermine in Berlin„Hinterland heißt Widerstand“

Die kommenden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg verheißen nichts Gutes. Der Widerstand muss auch von Berlin aus unterstützt werden.

Zusammenhalten gegen AfD, Islamismus, Friedrich Merz und Co Foto: Christoph Reichwein dpa

E s gibt nicht allzu viel, was dieser Tage Hoffnung macht. Aber die Menschen aus Solingen, die sich schützend vor Geflüchtetenunterkünfte gestellt haben, gehören dazu. Diese Menschen sind wunderbar, weil sie sich der Saat des Hasses widersetzen, die dieser Tage von überall gesät wird: Von der AfD und Islamisten sowieso, aber auf andere Weise eben auch von Menschen wie Friedrich Merz, der einem mutmaßlichen Terroranschlag mit weiteren Asylrechtseinschränkungen begegnen will.

Es geht heute um so grundlegende Sachen: Gegen rechtsextreme Säuberungen nach völkischen und politischen Kriterien zu sein, sich gegen den Rassismus zu stellen, der die Tat eines mutmaßlichen Terroristen einer ganzen Bevölkerungsgruppe zuschiebt. Sich der Menschenfeindlichkeit zu widersetzen, die zutage kommt, wenn Abschiebungen ins Taliban-regierte Afghanistan und ins bürgerkriegszerrüttete Syrien gefordert werden. Gegen Nazi-Attacken auf CSDs präsent zu sein und der konservativen Appeasementpolitik entgegenzutreten, die den Nazis immer mehr Zugeständnisse machen will.

Doch all das ist längst nicht mehr selbstverständlich. Bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen wird die AfD jeweils um die 30 Prozent aller Wäh­le­r:in­nen­stim­men erhalten. In Brandenburg, wo am 22. September gewählt wird, liegen die Neofa­schis­t:in­nen bei etwa 25 Prozent. Gerade in der Berliner Innenstadtbubble kann die Angst vor der AfD eine Flucht in Partynächte und ins Privatleben auslösen, weil hier eben genau das noch möglich ist: zu verdrängen, dass es um den Antifaschismus in Deutschland wohl seit 1945 nicht mehr so schlecht stand.

Der AfD die Wahlparty versauen

Die Menschen in den unmittelbar betroffenen Regionen haben diesen Luxus nicht. Für sie sind Fa­schis­t:in­nen keine abstrakte Bedrohung, sondern eine tagtägliche Realität, die ihnen auf der Straße begegnet. Und auch die Sicherheit in den Innenstädten ist eine Illusion. Dieser Tage muss deshalb immer wieder die Selbstverständlichkeit wiederholt werden, dass man gegen Faschismus gerade dann was machen muss, wenn er immer stärker zu werden scheint.

Um der AfD noch einen Strich durch die Rechnung zu machen, heißt es deshalb am Samstag: ab nach Erfurt, Björn Höcke seinen Wahlkampfabschluss versauen. In die Thüringer Landeshauptstadt geht’s mit einem Expressshuttle der renommierten Busagentur Antifa Reisen, angeboten von der North East Antifa. Abfahrt ist um 9:30 Uhr aus Berlin, der Abfahrtsort wird nach Ticketkauf mitgeteilt. Die gibt’s entweder im Baiz (Schönhauser Allee 26a), im L5 Späti (Lenaustr. 5) oder nach einer Mail an nea@riseup.net. Empfohlen wird ein Spendenbetrag von 15 Euro, aber aus Geldgründen wird niemand zurückgelassen.

Am Wahlabend wird zudem zu dezentralen Aktionen aufgerufen, um die Faschos nicht in Ruhe feiern zu lassen. Auch hier gibt es die Möglichkeit, konkret Menschen in den betroffenen Bundesländern zu unterstützen. In Dresden freuen sich die Antifas über jede Unterstützung der „Wir bleiben unregierbar!“-Demo (Sonntag, 1. 9., 20 Uhr, Martin-Luther-Platz). In Erfurt ruft das „Auf Die Plätze“-Bündnis am Sonntag um 17 Uhr zum Landtag, um den Wahlabend zu begleiten. Eine Antifademo startet in Erfurt unter dem Motto „Der rechten Hegemonie entgegentreten“ um 19 Uhr in der Arnstädter Straße.

Unterstützung für Geflüchtete gesucht

Aber auch in Berlin gibt es genügend Termine, um sich antifaschistisch zu engagieren. Am Donnerstag beispielsweise will die AfD in Hohenschönhausen eine Kundgebung abhalten. Die Partei wird dabei wieder versuchen, den Leuten einzureden, dass die sozialen Probleme in diesem Land nicht an kapitalistischer Ausbeutung oder Ungleichheit, sondern ausgerechnet an denen liegen, die hier Schutz suchen. Auf der Gegenkundgebung wird dagegen klargemacht: „Das Problem sind nicht unsere neuen Nachbar:innen! Das Problem ist die AfD!“ (Donnerstag, 29. 8., Prerower Platz, 17:30 Uhr).

Im Vorfeld der Brandenburger Landtagswahlen ist am 8. September die Antifa-Demo „Hinterland heißt Widerstand“ in Prenzlau geplant. Warum die Demo in der Uckermark stattfindet und wie sich die antifaschistische Arbeit dort gestaltet, erfährt man auf einer Infoveranstaltung während eines lockeren Abends im Sektgarten vom://about blank mit der Antifa Uckermark und dem Solidarischen Bündnis gegen Rechts (Donnerstag, 29. 8., About Blank, Markgrafendamm 24c, 20 Uhr).

Wer lieber konkret junge Geflüchtete in Berlin unterstützen will, kann in Betracht ziehen, für ein unbegleitet geflüchtetes Kind oder einen Jugendlichen eine ehrenamtliche Vormundschaft zu übernehmen. Auf einem Abend des Netzwerks Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie wird über Aufgaben, Verfahren und Unterstützungsangebote informiert. Außerdem berichtet ein ehrenamtlicher Vormund von seinen Erfahrungen (Dienstag, 3. 9., Amerika-Haus, Hardenbergstr. 22-24, 18.30–20 Uhr).

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4 Kommentare

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  • Demos und Protestveranstaltungen sind Audruck der Meinungsfreiheit.Soweit also völlig okay. Verhinderung von Veranstaltungen anderer sind Eingriffe in eben dieses Grundrecht anderer. Doch mal vom Rechtlichen abgesehen, wird man damit wohl keine Stimme weniger für die AfD bewirken. Sondern in erster Linie nur das eigene Gewissen beruhigen.

  • So richtig und wichtig ich den Wiedersand gegen die AFD finde, sollte in diesem Zusammenhang bitte nicht das BSW vergessen werden.

    Denn ob Anhänger! von rechten oder vermeintlich linken Parteien Ausländer raus propagieren, nichts mit der Demokratie anfangen können, sollte sich auch gegen dieses Spektrum Wiederstand entwickeln.

  • "Neofa­schis­t:in­nen".

    Ich denke, die legen keinen Wert darauf, gegendert zu werden.

  • Passiert es nicht 2024, dann passiert es 2029. Dann kann die AfD auch die Fackelzüge besser vorbereiten.