Werbekampagne des Finanzministers: Parteitaktisches Kalkül

Das FDP-geführte Finanzministerium hat kurz vor der EU-Wahl eine Kampagne zur Schuldenbremse bezahlt. Parteichef Lindner steht bekanntlich fürs Sparen.

Hat ein Ausgabenproblem: Bundesfinanzminister Christian Lindner, hier im Wahlkampf mit Parteigenossen aus Brandenburg Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Was ist da los in den Kommunikationsabteilungen der FDP-geführten Ministerien? Da ist Bettina Stark-Watzinger: Neben der liberalen Bildungsministerin stand auch ihr Pressestab im Fokus von Recherchen zur sogenannten Fördermittelaffäre. Nun soll auch das Kommunikationsteam im Finanzministerium einen Bock geschossen haben, indem es kurz vor der EU-Wahl Anzeigen zur Schuldenbremse schaltete und so womöglich für die FDP Kampagne machte. Neue Recherchen zeigen zudem, dass der Finanzminister und gleichzeitige FDP-Chef Christian Lindner mehr von diesen Plänen in seinem Haus wusste als ursprünglich angenommen.

Die FDP hat eine Form von edginess, also Nervosität, mit der sie klare Kante gegen ihre Koalitionspartner zeigen will, zu ihrer Regierungsmaxime erhoben. Die Liberalen hoffen im Wahlkampf so den Vorwürfen zu ihrer Beteiligung an der Ampelkoalition zu entkommen. Dass mit einer solchen Haltung die Grenzen zwischen Partei- und Regierungsamt verschwimmen können, ist die Gefahr dieses egomanischen Politikstils. Die Kampagnen­arbeit im Finanzministerium ist ein gutes Beispiel dafür.

46.000 Euro verpulverte Lindners Ressort, um mit Hilfe einer externen Werbeagentur für die Schuldenbremse, also für die von ihm propagierte Haushaltsdisziplin, zu werben. Das ist schon Ironie genug für einen Minister, der ständig davon redet, Deutschland habe keine Einnahmen-, sondern Ausgabenprobleme.

Die Schuldenbremse steht massiv unter Druck: Öko­no­m*in­nen mahnen zu mehr Investitionen, um Handel und Produktion zu beleben, Schulen und Brücken wurden über Jahre kaputtgespart. Doch das Finanzministerium hält das Instrument aus dem vorvergangenen Jahrzehnt hoch. Mehr noch: Es wirbt auch noch für diesen Irrweg, auf dem sich die Instandsetzung der Infrastruktur in diesem Land jeden Tag verteuert. Kaum denkbar, dass etwas anderes hinter so einer Kampagne stehen kann als parteitaktisches Kalkül.

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Berichtet seit 2023 als Korrespondent im Parlamentsbüro der taz unter anderem über die FDP und die Union. Studium der Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Köln, Moskau und London.

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