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Beginn der 81. Filmfestspiele in VenedigJoker, Nazis, Postfaschisten

Am Dienstag beginnt die 81. Ausgabe der Filmfestspiele von Venedig. Diesmal wieder mit Hollywoodstars wie Tilda Swinton.

Die Filmfestspiele von Venedig finden jedes Jahr zwischen Ende August und Anfang September im Palazzo del Cinema statt Foto: Felix Hörhager/picture alliance

G ute Aussichten: Am Lido sind Stars, besonders die aus Hollywood, gern gesehen. Nachdem im vergangenen Jahr der Streik der Schauspielergewerkschaft in den USA dafür gesorgt hatte, dass der hohe Besuch auf dem roten Teppich etwas dünn ausfiel, stehen diesmal keine nennenswerten Hindernisse bevor.

Einen guten Teil des Aufgebots bringt dabei der Regisseur Pedro Almodóvar mit. Für seinen im Wettbewerb laufenden Beitrag „The Room Next Door“ verpflichtete er unter anderem Tilda Swinton, Julianne Moore und John Torturro. Überhaupt kann man sich in dieser Hinsicht nicht über den Wettbewerb beklagen.

Todd Philipps setzt seinen „Joker“-Erfolg mit Joaquin Phoenix fort. Diesmal spielt Lady Gaga an seiner Seite. Brady Corbet bringt in seinem Historienfilm „The Brutalist“ neben Adrien Brody Felicity Jones und Guy Pearce auf die Leinwand, Luca Guadagnino bietet in „Queer“ als Hauptdarsteller sowohl Daniel Craig als auch Jason Schwartzman, und Pablo Larraín lässt in seiner Filmbiografie „Maria“ keine andere als Angelina Jolie die Callas geben.

Nicht zu vergessen der Eröffnungsfilm von Tim Burton, der seine Horrorkomödie „Beetlejuice“ unter dem Titel „Beetlejuice Beetlejuice“ fortsetzt. Erneut werden darin Michael Kea­ton und Winona Ryder zu sehen sein.

Sieben Regisseurinnen immerhin

Regisseurinnen, in Venedig oft nicht ganz so prominent vertreten, bietet der Wettbewerb mit seinen 21 Filmen immerhin sieben. Unter ihnen ist Athina Rachel Tsangari, deren Beitrag „Harvest“ daran erinnert, dass aus Griechenland auch Filme kommen, die nicht unter der künstlerischen Leitung von Yorgos Lanthimos entstanden sind. Mit Caleb Landry Jones in der Hauptrolle hat sie zudem einen der aktuell interessantesten Stars gewinnen können.

Die Niederländerin Halina Reijn wiederum, die sich 2022 mit der Slasherkomödie „Bodies Bodies Bodies“ einem größeren Publikum empfahl, kommt jetzt mit dem Wettbewerbsfilm „Babygirl“ auf den Lido. An Stars spielen bei ihr Nicole Kidman und Antonio Banderas.

Freuen kann man sich, auch ohne internationale Stars, über die georgische Regisseurin Déa Kulumbegashvili, die mit „April“ antritt. Nach ihrem starken Spielfilmdebüt „Beginning“ von 2020 darf man sich einige Hoffnungen machen. Die Schauspielerin Giulia Louise Steigerwalt, die nebenbei einen Doktor in Philosophie hat, präsentiert ihre zweite Regiearbeit, „Diva Futura“.

Maura Delpero wurde mit dem im Zweiten Weltkrieg spielenden Historienfilm „Vermiglio“ in den Wettbewerb geladen. Und die Schwestern Delphine und Muriel Colin zeigen ihre Romanadaption „Jouer avec le feu“, mit Vincent Lindon als Star. Nazis kommen ebenfalls auf den Lido, zumindest auf die Leinwand. Der Regisseur Andres Veiel stellt seinen Dokumentarfilm „Riefenstahl“ über die NS-Filmemacherin vor, für den er auf das Archiv Leni Riefenstahls zugreifen konnte. In den deutschen Kinos startet der Film im Oktober dieses Jahres.

Wie es sich im Übrigen mit den politischen Verhältnissen bei den Filmfestspielen entwickelt, dürfte spätestens in zwei Jahren interessant werden. Die Filmfestspiele gehören zur Biennale von Venedig. Damit unterstehen sie seit diesem Frühling auch dessen neuem Präsidenten, dem rechten Journalisten Pietrangelo Buttafuoco. Mit seiner Ernennung ist die Leitung einer weiteren wichtigen Kulturinstitution Italiens im Sinne der postfaschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni besetzt worden. Der Vertrag des Direktors der Filmfestspiele, Alberto Barbera, der das Festival seit 2012 leitet, wurde in diesem Jahr noch einmal bis 2026 verlängert. Danach muss man sehen.

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Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
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