: Erstwähler:innen leben im Widerspruch
In einer Studie wurden Erstwähler:innen nach ihren politischen Vorstellungen befragt. Sie halten Widersprüche aus und stehen Migration kritisch gegenüber
Von Louise Ringel
Die klassische Einordnung des politischen Spektrums in links und rechts hat für junge Menschen offenbar keine Relevanz mehr. 26 Prozent lehnen eine solche Zuschreibung sogar ab, ergab die am Montag vorgestellte „Jugendwahlstudie 2024 Ost“ des Augsburger Instituts für Generationenforschung. So ordneten sich zwar 33 Prozent der befragten Erstwähler:innen der politischen Mitte zu. 17 Prozent dieser Gruppe aber wollten die AfD und 18 Prozent das BSW wählen.
Die Macher:innen der Studie sehen, dass es eine neue Generation von Erstwähler:innen gibt. Für sie seien Bewegungen, zu denen das BSW, die AfD, Volt und die Tierschutzpartei zählen, interessanter als die etablierten Parteien. Auch lasse sich der große Zuspruch für die AfD und das BSW nur schwer mit „Protestwählen“ erklären, betonten die Studienmacher:innen.
So gaben 74 Prozent der Befragten an, sie würden ihre präferierte Partei wegen der „inhaltlichen Positionen“ wählen. Nur 16,1 Prozent wollen bei der Wahl einen „Denkzettel“ verteilen. 41 Prozent glaubten zudem, dass „einfache Menschen“ der Regierung egal seien, 32 Prozent vertraten sogar die Haltung, dass die Regierung gegen die Bevölkerung arbeite.
Viele Erstwähler:innen wünschen sich, dass der Staat mehr eingreift und lenkt. Sie sehen viel mehr eine Bringschuld beim Staat als die Notwendigkeit zum eigenverantwortlichen Handeln. „Das Gefühl eines eigenen Handlungsspielraumes ist viel geringer als bei Erstwählern vor fünf Jahren“, sagt Rüdiger Maas, Leiter der Studie.
Auf der anderen Seite haben Jugendliche Angst davor, dass der Staat zu stark in ihr Leben eingreift. Das mache ein Spannungsfeld für junge Menschen auf.
Wenige Tage und Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag und in Brandenburg am 22. September haben die Studienmacher auch eine klassische Wahlumfrage unter den 16- bis 25-Jährigen durchgeführt. Demnach würden im Osten 19 Prozent AfD wählen (Westen: 9 Prozent), 13 Prozent CDU (Westen: 19 Prozent), 12 Prozent die Linke (Westen: 5 Prozent), 11 Prozent BSW (Westen: 7 Prozent), 9 Prozent Grüne (Westen: 16 Prozent), 9 Prozent Volt (Westen: 8 Prozent) und 5 Prozent SPD (Westen: 13 Prozent). Für die Studie wurden in einem dreistufigen Verfahren über 1.000 Personen quantitativ oder qualitativ befragt. Die Mehrheit der Befragten kam aus Ostdeutschland.
Rüdiger Maas, Studienleiter
Die Wissenschaftler:innen fordern Aufklärung, offene Räume für intergenerationalen Austausch ohne Bevormundung und die bewusste Reduktion digitaler Medien. Außerdem wünschen sie sich, dass die analogen Kompetenzen und Medienkompetenzen von jungen Menschen gestärkt werden. Sie betonen, dass die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung wichtig für das Erleben von Selbstwirksamkeit sei.
Bei den letzten Wahlen, den Europawahlen, haben 16- bis 24-jährige mit 28 Prozent am stärksten Kleinstparteien gewählt. Danach kamen konservative und rechtsextreme Parteien. (mit epd)
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