Kandidat für Linken-Vorsitz: Van Aken ist „voll on fire“

Heimspiel zwischen Bratwurststand und Hüpfburg: In Hamburg trat Jan van Aken am Samstag erstmals seit seiner Kandidatur für den Parteivorsitz auf.

Wenig Luft nach oben: Jan van Aken am Samstag auf der Bühne des Linken-Festes Foto: dpa

HAMBURG taz | Er muss ein bisschen gebückt stehen. Mit seinen 1,96 Metern Körpergröße ist Jan van Aken schlicht zu groß für die zur Bühne umgenutzte Ladefläche eines kleinen LKW. Während die Sonne am Samstagnachmittag gleißend auf den Carl-von-Ossietzky-Platz im Hamburger Bahnhofsviertel St. Georg strahlt, steht er da im Schatten des flachen Dachs und ist kaum zu sehen. „Aber immerhin hören könnt ihr mich ja“, sagt van Aken seinen Zu­hö­re­r:in­nen zwischen Kinder-Hüpfburg, Kuchen- und Bratwurststand.

Zu ihrem jährlichen Sommerfest am Samstag hatten die Hamburger Linkspartei und ihre Bürgerschaftsfraktion schon vor einigen Wochen van Aken eingeladen. Als Gastredner sollte er über Frieden sprechen. Gekommen ist dann der Anwärter auf den Parteivorsitz der in der Krise befindlichen Linken: Vier Tage zuvor hatte der 63-Jährige erklärt, im Oktober auf dem Bundesparteitag kandidieren zu wollen – neben der 35-jährigen Ines Schwerdtner, die ebenfalls ihre Kandidatur ankündigte. Van Akens Auftritt in Hamburg ist sein erster nach der Ankündigung.

„Ich bin voll on fire und habe richtig Lust auf den Parteivorsitz“, sagt er der taz am Rande der Veranstaltung. Immer wieder kommen am Nachmittag Menschen auf ihn zu, stellen sich vor, klopfen auf van Akens Schulter. Der Besuch in Hamburg ist für ihn ein Heimspiel, von sich überzeugen muss er später auf der Bühne niemanden mehr. Im nahe gelegenen Reinbek ist er geboren, für die Hamburger Linke saß er von 2009 bis 2017 im Bundestag.

Doch die entspannte Stimmung bei den Hamburger Ge­nos­s:in­nen steht kaum stellvertretend für den Rest der Partei. Während die Hamburger Linke bislang weitgehend unbeschadet durch die langanhaltende innerparteiliche Krise gekommen ist – bei den Hamburger Kommunalwahlen im Juni holte die Landespartei knapp zehn Prozent und damit nur etwas weniger als fünf Jahre zuvor –, sieht das im Rest des Landes anders aus: Die Partei steht vor dem Abgrund.

„Die ersten 30 Jahre meines Lebens gab es keine relevante linke Partei in Deutschland – und das war nicht gut, das hat gefehlt“, sagt van Aken dazu. Er wolle gar nicht erst so tun, als könne er die Partei retten, sagt er später auf der Bühne. Dazu brauche es viele Hände. „Wir müssen als Linke unsere Energien bündeln und uns auf einige konkrete Themen, etwa Miete oder Gesundheit, konzentrieren. Dann können wir auch wieder gewinnen.“

Keine einfachen Antworten

Einfach wird das sicher nicht, das weiß auch van Aken: „Mein Lebensmotto ist ja: Die Welt verbessern und dabei Spaß haben. Natürlich könnte es als Parteivorsitzender sein, dass der Spaßfaktor etwas geringer ausfallen wird“, sagt er. Er habe aber Zuversicht, auch durch die Parteieintritte vieler Jüngerer nach der Spaltung.

Deutlich wird bei seinem ersten Auftritt als Kandidat: Er will die Linke weglenken vom inneren Streit, von den plakativen Maximal-Positionen, die sich trotz des Abgangs des Wagenknecht-Lagers ungeklärt gegenüberstehen. Waffenlieferungen an die Ukraine? Als Lin­ke:r könne man Argumente sowohl dafür als auch dagegen haben, doch das sei in der Debatte nicht der entscheidende Punkt: „Wir müssen uns stattdessen mit der Frage beschäftigen: Wie kommen wir zur Diplomatie?“, sagt van Aken.

In Hamburg bekommt er dafür Applaus. Ob derlei differenzierte Positionen aber auch außerhalb Hamburgs und der Partei wahrgenommen werden, muss sich erst noch zeigen. Van Aken will es so jedenfalls versuchen: „Gerade bei Fragen von Krieg und Frieden gibt es keine einfachen Antworten. Ich stehe dafür, dass es manchmal komplexe Antworten braucht.“

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