: Zwischen Akzeptanz und Repression
Mit dem Görlitzer Park und dem Leopoldplatz gibt es in Berlin gleich zwei Drogenhotspots. Die Strategien im Umgang damit sind von Zaun bis Hilfe sehr unterschiedlich
Aus Berlin Marie Frank
Wie unterschiedlich der Umgang mit Drogenhotspots sein kann, lässt sich derzeit in Berlin beobachten. Der Görlitzer Park in Kreuzberg gerät wegen des dort stattfindenden Drogenhandels immer wieder in die Schlagzeilen. Viele Anwohner*innen fühlen sich nicht sicher, Schwarze Menschen erleben wegen der willkürlichen Polizeikontrollen, die an „kriminalitätsbelasteten Orten“ wie dem Görlitzer Park möglich sind, immer wieder Racial Profiling und Diskriminierung. Doch weder die verstärkte Polizeipräsenz noch die eingesetzten Parkläufer*innen, die die innerstädtische Grünfläche befrieden sollen, haben bislang zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation beigetragen.
Nachdem im Juni vergangenen Jahres eine angebliche Gruppenvergewaltigung einer Frau durch abgelehnte Asylsuchende aus afrikanischen Ländern im Görlitzer Park für einen Aufschrei sorgte, schaltete sich Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ein. Trotz wackeliger Anklage, die am Ende fallengelassen werden musste, berief er im September öffentlichkeitswirksam einen Sicherheitsgipfel ein. An dessen Ende standen vor allem mehr Polizeistreifen, ein Zaun um den Park sowie nächtliche Schließzeiten.
Dass die Anwohner*innen gegen die Pläne mobil machen, weil sie eine Verdrängung der Drogenkriminalität in die umliegenden Straßen fürchten, kümmert Wegner dabei wenig. Auch dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gegen den geplanten Zaun klagt, hindert ihn nicht, das 2 Millionen Euro teure Projekt mit laufenden Kosten von jährlich noch einmal 800.000 Euro durchboxen zu wollen. Von den versprochenen sozialen Lösungen wie mehr Druckräumen ist hingegen nichts mehr zu hören.
Ganz anders am Leopoldplatz in Wedding in Berlin-Mitte, der ebenfalls Thema des Sicherheitsgipfels war. Während im Görlitzer Park vor allem der Handel ein Problem ist, ist es hier der Konsum durch suchtkranke Menschen: Die Drogenszene trifft sich direkt neben dem Kinderspielplatz, am helllichten Tag konsumieren Menschen Heroin oder Crack, überall liegen Spritzen. Anwohner*innen berichten von Konsum in Hausfluren und Kindern, die auf Drogenbesteck treten. In zwei Containern bietet der Verein Fixpunkt auf dem Leopoldplatz Suchtberatung und einen Konsumraum an. Insbesondere durch die massive Zunahme des Crackkonsums in den vergangenen Monaten verschärfen sich die Probleme zusehends.
Statt mit Repression versucht man es am Leopoldplatz jedoch vor allem mit mehr Sozialarbeit. Zu den Maßnahmen zur „Stärkung der Sicherheit im öffentlichen Raum“, für die der schwarz-rote Senat im Juli die Gelder freigegeben hat, zählen neben erhöhter Polizeipräsenz: aufsuchende Sozialarbeit, personalbesetzte Toiletten, Bauwagen als Informationspunkte, reparierende Kiezhausmeister*innen und für Ordnung sorgende Parkläufer*innen. Maßnahmen, von denen die Anwohner*innen des Görlitzer Park nur träumen können.
Laut der Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), stehen für die Bekämpfung der Drogenkriminalität für dieses Jahr insgesamt 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Wann das Geld für nächstes Jahr kommt, sei unklar. Da die Probleme nicht von alleine verschwinden werden, fordert sie eine Verstetigung der Mittel. Die ist angesichts der strengen Sparvorgaben des Berliner Senats allerdings fraglich.
Schon vor der Freigabe der Gelder hat der Bezirk Mitte ein Kulturangebot auf und um den Leopoldplatz entwickelt. „Damit soll der Angstraum wieder zu einem Ort der Begegnung, des kulturellen Austauschs und des gemeinsamen Miteinanders werden“, so das Bezirksamt. Das Besondere: An dem Programm waren und sind die Anwohnenden beteiligt.
Die haben sich 2023 in der Initiative „Wir am Leo“ zusammengeschlossen und berichten, dass es durch die verstärkte Polizeipräsenz zwar ruhiger geworden sei, Dealer und Suchtkranke jedoch in die umliegenden Straßen verdrängt würden.
Um dem starken Anstieg von Crack zu begegnen und sich einen Überblick über das Problem zu verschaffen, plant das Land Berlin nun eine Crack-Studie. Die soll neben einer Bestandsaufnahme auch Handlungsoptionen aufzeigen.
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