piwik no script img

„Gigafactory“ in GrünheideTesla legt Ausbaupläne auf Eis

Aufgrund von Absatzschwierigkeiten will der Autobauer mit der Erweiterung warten. Derweil gibt es erste Anzeichen für belastetes Grundwasser.

Die Produktionskapazitäten der Tesla-Fabrik sollten eigentlich verdoppelt werden. Platz ist auf dem Gelände genug Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin taz | Der US-Autobauer Tesla legt den geplanten Ausbau seines Grünheider Werks vorerst auf Eis. Wie Werksleiter André Thierig der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, werde das Unternehmen warten, bis die Nachfrage nach Elektroautos wieder steigt: „Wir werden nicht mehrere Milliarden für den Ausbau der Fabrik in die Hand nehmen, ohne dass die Signale ganz klar sind, dass das vom Markt auch abgefragt wird.“

Ursprünglich hatte Tesla geplant, die Produktionskapazität des Werks im brandenburgischen Grünheide von derzeit 250.000 auf 1 Million Fahrzeuge pro Jahr zu erhöhen. Für den Ausbau, der auf dem bestehenden Werksgelände umgesetzt werden sollte, hatte das Brandenburger Landesumweltamt bereits eine vorläufige Genehmigung erteilt.

Unabhängig von der Erhöhung der Produktionskapazitäten hält Tesla am Bau eines umstrittenen Güterbahnhofs am Werksgelände fest. Im Mai beschloss die Gemeinde einen Bebauungsplan, der dem Unternehmen die Rodung zusätzlicher angrenzender Waldflächen erlaubt, um dort einen Güterbahnhof und Logistikflächen zu errichten. Laut Werksleiter Thierig befindet sich Tesla gerade in Planungsarbeiten und mit den Brandenburger Forsten in Gesprächen über einen Verkauf der Waldflächen.

Tesla hat in diesem Jahr besonders mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Zum ersten Mal konnte das Unternehmen seine Verkaufszahlen nicht steigern, im ersten und zweiten Quartal blieben sie hinter den Vorjahreszahlen zurück.

Verfehlte Prognosen

Dabei versprach CEO Elon Musk den In­ves­to­r:in­nen einen exponentiellen Wachstumskurs, bis 2030 wollte Tesla 20 Millionen Fahrzeuge pro Jahr verkaufen. 2023 waren es noch 1,8 Millionen. Mittlerweile hat Musk die Zielmarke stillschweigend gestrichen.

Als Ursache für die sinkende Nachfrage sehen Ex­per­t:in­nen die immer stärker werdende Konkurrenz, besonders aus China, wie auch ein gedämpftes Konsumklima infolge der Inflation.

Das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“, das sich gegen die Erweiterung des Werks engagiert, begrüßt den vorläufigen Stopp. „Weniger Tesla bedeutet mehr Wassergerechtigkeit“, sagt Bündnissprecherin Karolina Drzewo der taz. Angesichts einer möglichen Gefährdung des Grundwassers durch das Automobilwerk fordert das Bündnis von der Landespolitik, Erweiterungsplänen der Tesla-Fabrik endgültig eine Absage zu erteilen.

„Das Land muss die Umweltgenehmigung für das bestehende Werk überdenken und den Verkauf weiterer Flächen stoppen“, fordert Drzewo.

Giftstoffe im Grundwasser

Derweil scheinen die Ergebnisse des Grundwassermonitorings die Sorgen der Ak­ti­vis­t:in­nen zu bestätigen. Wie die Märkische Oderzeitung (MOZ) am vergangenen Donnerstag berichtete, stellte das von Tesla beauftragte Monitoring-Unternehmen eine Verschlechterung der Grundwasserqualität infolge der Bauarbeiten fest. Auch vereinzelte grenzwertüberschreitende Konzentrationen des Giftstoffs Vinylchlorid wurden festgestellt. Woher die Einträge kommen, ist unklar. Tesla selbst gibt gegenüber der MOZ an, den Stoff nicht bei der Produktion zu verwenden.

Derzeit wird die Überwachung von einem externen Unternehmen durchgeführt, das von Tesla bezahlt wird und dem Landesumweltamt in regelmäßigen Abständen Berichte schickt. Der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner hat weder Einsicht in die Berichte noch in die Rohdaten.

Steffen Schorcht, Naturschutzexperte der Grünen Liga, kritisiert, dass somit keine transparente und unabhängige Grundwasserüberwachung besteht, obwohl sich das Werk in einem Trinkwasserschutzgebiet befindet. „Wir brauchen unbedingt ein vernünftiges Monitoring“, fordert Schorcht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Das Auffinden von Vinylchlorid irritiert mich. Das ist der Grundstoff, aus dem PVC-Kunstoff produziert wird. PVC ist in den letzten Jahrzehnten recht unbeliebt geworden, da beim "Recyclen" in der Müllverbrennung Salzsäure entsteht.



    Verbleibende Anwendungsgebiete von PVC sind Rohre (in Abflüssen, in Swimming-Pools, aber auch in Produktionsanlagen), Schlauchboote oder Hüpfburgen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, PVC in einem Auto zu verbauen.

    So gesehen müsste es auch im Interesse von Tesla liegen, die Herkunft dieses Stoffes aufzuklären. Es sein denn, es war im Löschwasser aus einem Brand in der Produktion...

  • Dabei versprach CEO Elon Musk den In­ves­to­r:in­nen einen exponentiellen Wachstumskurs... Wer trotz begrenzter Resourcen immer noch an exponentielles Wachstum glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen.

    • @Minion68:

      Wachstum kann auch durch Verdrängung erzeugt werden, ohne das dadurch die Gesamtmenge erhöht wird.

    • @Minion68:

      Ich erlaube mir Mal, den Beitrag von "Generator" zu ergänzen: Auch die Umsätze im Internet durch zum Beispiel Netflix werden im BIP berücksichtigt.



      Die Menschheit hat sich vom Jäger und Sammler zum Bauern entwickelt. Die Agrarwirtschaft wurde mit der Industriellen Revolution zur Industriegesellschaft. Heute leben wir in einer Dienstleistungsgesellschaft, welche zunehmend Umsätze im Internet generiert.



      Wer weiß heute, wo wir in 100 oder 500 Jahre stehen werden? Wer ernsthaft glaubt, dass die Menschheit bereits ihren wirtschaftlichen Hochpunkt erreicht hat, glaubt auch, dass die Vorhersagen des Club of Rome eingetreten sind ... .

    • @Minion68:

      Du weißt aber schon, dass mit Wachstum im wirtschaftlichen Sinn etwas anderes gemeint ist als du hier unterstellst?

      Um wirtschaftliches Wachstum zu generieren, braucht es nur jemanden der Geld ausgibt. Z.B. trägt die Einstellung eines Energieberaters zum Wirtschaftswachstum bei und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch. Das gleiche gilt für den kompletten Dienstleistungsbereich.

      Und Resourcen"verbrauch" gibt es sowieso nicht. Die Resourcen verschwinden ja nicht sondern werden nur irgendwo (in dem Fall in einen Tesla) eingebaut. Der Tesla wird dann irgendwann verschrottet und alles was sich irgendwie kostendeckend verwerten läßt wird herausgelöst und wiederverwendet. Das nennt sich "Recycling". Der Rest ist auch nicht aus der Welt sondern landet auf einem Müllplatz und harrt dort der Dinge die da kommen. Und wenn irgendein Rohstoff wirklich knapp wird und der Preis dafür signifikant ansteigt wird irgendjemand auf den Müllplatz gehen und auch noch den letzten Rest davon dort zusammenklauben.

      • @Generator:

        Nun, ich sprach von EXPONIENTIELLEM Wachstum. Das klappt aus meiner Sicht nur bei wirklich neuen, revolutionären, Dingen, die dann anderes, nicht mehr sinnvolles, ersetzen. Das E-Auto in der derzeit vorliegenden Form von Tesla&Co ist für mich aber nicht revolutionär sondern lediglich alter Wein in neuen Schläuchen.

      • @Generator:

        Nein, die Resourcen werden nicht einfach in einen Tesla verbaut und weiter "sinnvoll" verwendet, sondern abgebaut und der Natur entnommen. Da wächst nichts mehr nach. Und bei vielen Stoffen wird's halt nicht reichen um z.B. die Weltbevölkerung mit Autos zu versorgen. Wenn die Chinesen, die Inder, ganz Afrika ähnliche Wünsche bezüglich Mobilität und Autos haben, wie wir, wird's nie reichen ...

        • @Ernie:

          "Nein, die Resourcen werden nicht einfach in einen Tesla verbaut und weiter "sinnvoll" verwendet, sondern abgebaut und der Natur entnommen. "

          ??? Kupfer z.B. wird im Bergwerk abgebaut, zu Drähten verarbeitet und in einen Tesler eingebaut. Irgendwann geht der Tesla kaputt und wird verschrottet. Wenn es sich rechnet, dann wird das Kupfer gleich hier entnommen. Ansonsten liegt es auf dem Müllplatz herum. Wenn Kupfer weltweit knapp wird (ergo teuer) wird sich jemand erinnern, dass ja in den ganzen verschrotteten Teslas ja noch die Kabel drinnen waren und das Kupfer vom Müllplatz holen.

          "Und bei vielen Stoffen wird's halt nicht reichen"

          Da würde mich schon interessieren von welchen Stoffen du da sprichst.

          • @Generator:

            Schon alleine wenn man eine Nachfrage nach Konsum und Autos wie bei uns unterstellt, kann jeder der bis drei zählen kann, sich ausrechnen, dass das NIE aufgehen kann und die Ressourcen NIE ausreichen würden.

    • @Minion68:

      oder Ökonom:in ;)

  • Wieso wird da nicht unabhängig die Wasserqualität geprüft? Solange Tesla die Prüfung beauftragt, ist doch halbwegs klar, wie das Ergebnis ausfällt. Und selbstverständlich braucht das Land die Daten zur eigenen Beurteilung. Was für ein Hohn. Wie deutlich will man eigentlich noch machen, dass man gar nicht prüfen will.

  • Das Grundwasser ist belastet.



    Das konnte keiner ahnen, auch die Absatzprobleme waren nicht absehbar.



    Warum geben Politiker soviel für Berater aus.

  • Sieh an, sieh an. Man wollte ja nicht zuhören. Die Politik hat wieder einmal, kläglich versagt.