Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Häuslicher Gewalt ausgesetzt zu sein gehört zu den schlimmsten Dingen, die Menschen passieren können. Sie gehört gesetzlich sanktioniert, die Täter sind zu bestrafen, die Opfer zu schützen, jeder Fall ist einer zu viel. Die Zahlen sind immer noch viel zu hoch. Trotzdem - nein, gerade weil das Thema so wichtig ist, braucht es einen klaren und realistischen Blick auf die Situation. Ist tatsächlich Frauenhass das Problem? Greifen Männer zu Gewalt gegen Frauen, weil sie sie verachten? Und selbst, wenn es so wäre - Hass und Verachtung sind Gefühle. Ist es Aufgabe eines Staates, Gefühle zu verbieten? Wir alle hätten lieber eine Welt, in der niemand jemanden hasst oder verachtet. Aber können Hass und Verachtung ausgemerzt werden, indem diejenigen, die hassen und verachten, Terroristen genannt werden?
Und wenn Mysogynie tatsächlich der Hauptantrieb für Gewalt gegen Frauen wäre - gäbe es dann Gewalt gegen Männer? Einer der basic facts, wenn es um Gewalt geht: Männer üben sie häufiger aus - und sind häufiger Opfer, schon Jungen werden häufiger von ihren Eltern geschlagen als Mädchen.
Effektives Handeln gegen häusliche Gewalt tut not, setzt aber korrekte Analysen voraus.
@Albatros Danke für ihren Kommentar. Ergänzend dazu möchte ich bemerken, dass mit Gewalt hier immer nur körperliche Gewalt gemeint ist, seelische Gewalt oftmals der körperlichen Gewalt vorausgehend, fehlt in diesen Diskursen über Gewalt. Vielleicht auch weil die Folgen dieser Form von Gewalt nicht so direkt sichtbar sind.
Ich würde das Schulfach "Gewaltfreie Kommunikation" von der 1. Klasse an als verpflichtendes Fach einführen, damit es an vielen Stellen gewaltfreier werden kann.
Es gibt außerdem ein Buch einer englischen Autorin, soweit ich mich erinnere auch Kriminologin, in dem sie den Zusammenhang zwischen Frauenhass und islamistischen oder rechtsextremen Terrorismus bei entsprechenden Gewalttäter und Terroristen klar nachweist.
Das Strafbarkeitsalter in GB beginnt ab 10 Jahren.
Die Gefängnisse sind überfüllt, die meisten Gefangenen werden nach 50% der Haftstrafe entlassen. Aktuell nach 40%, um Platz für von Schnellgerichten verurteilte Randalierer zu schaffen.
Und das Ergebnis?
"Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Kontakt mit dem Strafjustizsystem ein wirksames Mittel zur Reduzierung der Kriminalität ist", urteilte eine Studie der Local Government Association, des Verbandes der englischen und walisischen Kommunen, im Frühling 2022. Vielmehr sei das System kriminogen - es stifte zu Kriminalität an. Das Risiko einer erneuten Straftat steige.
www.kleinezeitung....rkung_Jugendgewalt
Ganz sicher wird eine Ausweitung und Verschärfung von Strafnormen nicht dazu beitragen, Opferschutz und Prävention zu betreiben.
Solche Forderungen werden eigentlich immer von Rechts erhoben und normalerweise von links aus guten Gründen bekämpft.
Jürgen Klopp sollte auf seinen Job beim Getränkekonzern Red Bull verzichten. Stark koffeinhaltige Energydrinks gefährden viele Kinder und Jugendliche.
Extremismus in England: Frauenhass ist Terror
Nach rechten Krawallen soll die Extremismusstrategie in UK geprüft werden. Die Idee, Frauenhass als Terrorismus zu werten, steht im Raum. Richtig so!
Rechte Gesinnungen gehen oft mit Frauenhass einher. Ein Demonstrant in Leeds, 3. 8. 2024 Foto: Hollie Adams/reuters
Wird sich der MI5, der britische Inlandsgeheimdienst, in Zukunft häufiger mit Gewalt gegen Frauen auseinandersetzen? Wird er mit seinem Motto „Regnum defende“ (Verteidige das Königreich) bald auch die nationale Bekämpfung von Frauenhassern und Gleichstellungsverweigerern koordinieren? Und könnten Staatstrojaner bald auf den Laptops von potenziellen Gefährdern für Frauen installiert werden? Wahrscheinlich nicht.
Aber der Begriff Extremismus könnte im Vereinigten Königreich bald ausgeweitet und mit einer interessanten Überarbeitung ausgestattet werden. Nämlich um extremen Frauenhass als Ideologie. Dieser soll dann wie islamistischer oder rechtsextremer Terror behandelt werden. Gut so! Denn Gewalt gegen Frauen ist Terrorismus und gehört mit allen politischen Mitteln bekämpft.
Terrorismus ist ein vager Begriff. Wenn Medien von einem terroristischen Anschlag reden, ist meistens unklar, worum es sich genau handelt. In den meisten Fällen aber um einen politisch motivierten Gewaltakt. Terrorismus wird meist aus direkter Indoktrination geboren. Personen, meist jung, aus instabilen Verhältnissen kommend und sinnsuchend, werden gezielt für höhere ideologische Zwecke manipuliert.
Alle Formen von Terrorismus haben Dinge gemein: Sie verfolgen ein konkretes Ziel und setzen eine extremistische Ideologie durch. Vor allem schürt Terrorismus aber Angst, indem er Menschen ihrer Sorglosigkeit beraubt.
Drohungen, Isolation, Gewalt
Und tatsächlich hat Terror gegen Frauen ein ähnliches Muster. Neben körperlicher Gewalt zeigt er sich vor allem dadurch, dass er auf die Biografie einer Frau Einfluss nimmt. Drohungen, emotionaler Druck und Isolation kontrollieren Betroffene. Insbesondere dann, wenn die Gewalt – wie in den meisten Fällen – in den eigenen vier Wänden ausgeübt wird und das eigene Zuhause in einen Ort verwandelt, in dem Angst regiert.
Und die Gefahr für Frauen in Großbritannien ist real. Die britische Polizei meldet jährlich rund eine Million Gewaltdelikte gegen Frauen. Das sind mehr als 2.700 an einem Tag. Und mehr als 20 Prozent aller Straftaten im ganzen Land. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nur um die erfassten Straftaten. Die Dunkelziffer für Gewaltdelikte gegen Frauen dürfte wohl noch höher liegen.
Diese Zahlen zu senken gleiche einer Mammutaufgabe, der die Polizei allein nicht gewachsen sei: „Die Polizeiarbeit wird ihren Teil dazu beitragen, aber das Ausmaß und die Dringlichkeit der Herausforderung erfordern eine gesamtgesellschaftliche Reaktion“, hieß es im Juli aus britischen Polizeikreisen.
Indoktrinierung über Tiktok
Ob genau das der Grund der britischen Innenministerin Yvette Cooper war, den Terrorismusbegriff neu zu erwägen? Eher wollte sie wohl die Frage beantworten, wie die Regierung mit den rechtsextremen Ausschreitungen umgeht. Die Strategie, die im Oktober vorgestellt wird, soll „extremistische Trends erkennen und beobachten“. Einer dieser Trends ist die weiter zunehmende Radikalisierung der Gewalt gegen Frauen.
Zwar gibt es keinen misogynen Masterplan, den eine Handvoll Männer schmiedet und durchzusetzen versucht. Die Indoktrination erfolgt auch online. Wer will und seinen Algorithmus entsprechend füttert, bekommt auf Tiktok Massen an Videos reingespült, die stereotype Rollenbilder propagieren und Gewalt gegen Frauen verherrlichen.
Im August 2021 tötete ein 22-Jähriger fünf Personen in der englischen Hafenstadt Plymouth mit einer Waffe, nachdem er sich im Internet radikalisiert hatte. Er wurde mit der Incel-Bewegung in Verbindung gebracht, die das Leid und die Misere von jungen Männern im Feminismus und in der Emanzipation der Frau begründet sieht.
Es braucht politische Maßnahmen
Der Schock auf den tödlichen Anschlag war groß, Aufrufe zur Bekämpfung von schädlichen Online-Inhalten wurden laut und der Druck auf die mittlerweile regierende Labour Party nach 14 Jahren Tories war immens. Der Vorstoß der britischen Innenministerin wäre angesichts dessen ein guter Versuch, feministische Inhalte in der britischen Innenpolitik zu verankern.
Angesichts der aktuellen Gesetzeslage wäre der Vorschlag des britischen Innenministeriums eine 360-Grad-Drehung im Kampf gegen Gewalt an Frauen und deswegen wohl auch nur ein symbolischer Akt. Denn momentan gelten Straftaten, die gezielt Frauen und Mädchen ins Visier nehmen, nicht mal als Hassverbrechen.
Trotzdem: Um den fortschreitenden Frauenhass on- und offline zu bekämpfen, braucht es wirksame politische Maßnahmen. Und zwar jetzt. Am besten wäre dann beides: extreme Misogynie sowohl als Hassverbrechen als auch als Terrorismus zu verstehen.
Richtigstellung: Im Text wird gesagt, die britische Regierung erwäge, extreme Frauenfeindlichkeit als Terrorismus einzustufen. Dies ist falsch. Die Regierung prüft lediglich, ob extreme Frauenfeindlichkeit Teil der neuen Anti-Extremismus-Strategie werden soll. Die taz übernahm den Terrorismusbegriff aus englischen Medien, die ihn inzwischen zu ‚Extremismus‘ korrigierten.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Feminismus
Kommentar von
Clemens Schreiber
Themen