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BundeswehrTraditionen im Geheimen

Die zurückgezogenen Ergänzungen zum Traditionserlass hätten Bundeswehr-intern bleiben sollen. Die Opposition findet das höchst bedenklich.

Gelöbnis auf dem Paradeplatz des Bundesministeriums der Verteidigung Foto: Bernd Elmenthaler/imago

BERLIN taz | Die umstrittenen Ergänzungen zum Traditionserlass der Bundeswehr sollten offenbar nie öffentlich werden. Eine Veröffentlichung sei „nicht maßgebliches Ziel“ gewesen, erklärt eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf Anfrage. Erst vor Kurzem zog das Ministerium seine Ergänzungen zurück, nachdem die taz groß berichtet hatte, dass damit auch Wehrmachtsangehörige geehrt werden können, die nicht im Widerstand waren.

Die Ergänzungen seien als „Information für die Truppe“ gedacht gewesen, als „Ausgestaltung des Traditionserlasses“ im jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) war wohl nicht eingebunden: „Eine Befassung der politischen Leitung erfolgte nicht“, so die Sprecherin.

Nach dem 2018 von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unterzeichneten Erlass gilt die Wehrmacht als nicht traditionswürdig für die Bundeswehr. Doch mit den Ergänzungen wären einzelne Angehörige bereits in die Reihe der Vorbilder für die Truppe aufgenommen worden, wenn sie beim Aufbau der Bundeswehr wichtig waren. In einer beigelegten Liste wurden etwa Jagdflieger, U-Boot-Kommandanten und Frontoffiziere samt ihrer militärischen Erfolge aufgelistet, was auch das Verteidigungsministerium heute kritisch sieht: „Die Darstellung im Anhang des Dokumentes war kritikwürdig; die sprachliche und formale Gestaltung hatte Zweifel an der richtigen Gewichtung der Inhalte aufkommen lassen“, räumt die Sprecherin ein.

Auch der Verteidigungsausschuss des Bundestags, der explizit für die parlamentarische Kontrolle des Ministeriums zuständig ist, wurde nicht informiert. Abgeordnete bestätigen, dass sie erst aus der Presse von den ergänzenden Hinweisen erfahren haben. „Der Vorgang an sich war höchst merkwürdig“, findet Dietmar Bartsch, Obmann der Linken im Ausschuss. „Mit der Ergänzung wären wir 30 Jahre, noch vor die Zeit der Wehrmachtsausstellung zurückgeworfen worden.“

Professor verteidigt die Ergänzungen

Bartsch fordert jetzt Aufklärung. „Auf der obersten Ebene – Minister und Generalinspekteur – ist die Frage der Tradi­tions­pflege richtig angesiedelt und muss dort entschieden werden.“ Das BSW wirft der Bundesregierung „Geschichtsvergessenheit und -ignoranz“ vor: „Ein solch heikles Thema einem Abteilungsleiter zu überlassen, ist ohne Frage höchst bedenklich“, sagt Żaklin Nastić, BSW-Obfrau im Ausschuss. Die Ergänzungen zeigten, „wie sehr solches Gedankengut in Bundeswehrkreisen noch präsent und verankert ist.“

Verteidigt wurden die Ergänzungen inzwischen von Sönke Neitzel, Professor für Militärgeschichte in Potsdam. „Die Mehrheit der intrinsisch motivierten Soldaten wünscht sich aber mehr Bezüge zum Kampf und auch zur Zeit von vor 1945“, behauptete er in der Welt am Sonntag. „Absolut richtig“ nennt dagegen Carlo Masala, Professor an der Universität der Bundeswehr in München, die Rücknahme der Ergänzungen. Diese wären ein „Dammbruch“ gewesen und womöglich der Beginn einer Entwicklung, die Wehrmacht zu rehabilitieren, sagte er der taz. Die nur interne Verbreitung kann er nicht nachvollziehen: „Das Ministerium muss ja damit rechnen, dass so was herauskommt.“ Ergänzungen zum Traditionserlass dürften keine substanziellen Fragen betreffen, fordert Masala, und müssten natürlich veröffentlicht werden.

Der Mann, der die „ergänzenden Hinweise“ am 12. Juli 2024 verschickt hatte, Generalleutnant Kai Rohrschneider, wird übrigens seinen Posten als Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte ohnehin räumen: Er ist als Nachfolger von Generalleutnant Alexander Sollfrank als Kommandeur des Joint Support and Enabling Command (JSEC) der Nato in Ulm vorgesehen.

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13 Kommentare

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  • Erlasse sind nach innen gerichtete Verwaltungsakte der Exekutive, daher ist eine Veröffentlichung nicht vorgesehen und auch nicht notwendig. Schade, dass kein Verwaltungsrechtler zum Sachverhalt befragt wurde.

    • @wintermute:

      Aber es gibt sicherlich Unterschiede bei den Verwaltungen. Das dies umstritten sein könnte, dürfte klar gewesen sein. Die Bundeswehr bezeichnet sich als Armee mit Bürgern in Uniform. Da wäre es sinnvoll solche Sachen auch öffentlich zu diskutieren. Sonst entsteht Distanz zwischen Armee und Staat.

    • @wintermute:

      Ooch - ist doch schön - wenn ab&an mal was aus dem Forum internum unserer Angestellten nach außen dringt - quasi die Kampfanzughose-Sommer runtergelassen wird! Wollnich



      & “Veröffentlichung nicht vorgesehen“??



      recht.nrw.de/lmi/o...%BCgung%20gestellt.



      Die amtliche Verkündung beziehungsweise Veröffentlichung erfolgt allein durch die gedruckten Verkündungsblätter. Im Service-Portal „recht.nrw.de“ werden die Verkündungsblätter als nicht amtliche elektronische Ausgaben zur Verfügung gestellt.



      nur mal zB & VerwRi a.D. - servíce



      (ps kl.Tipp: mit dem kl. Öffentl. noch was warten! Gelle)



      &



      de.wikipedia.org/w...(Verwaltungsrecht)



      In autokratischen Systemen wie Diktaturen oder absoluten Monarchien machen die jeweiligen Herrschenden häufig von diesem Instrument Gebrauch (z. B. ergingen durch Adolf Hitler sogenannte „Führererlasse“) und regieren mitunter ausschließlich durch Erlasse oder Dekrete.“ - entre nous only



      & das arme🐽 hatte keinen Föhrerschein

      • @Lowandorder:

        Das mag NRW für sich so geregelt haben, eine generelle Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften gibt es - meines Wissens - nicht.

        Gerne lasse ich sie auch an meiner Praxiserfahrung teilhaben: Als junger Forstinspektoranwärter wurde meine Ausbildung in einem Erlass geregelt. Dieser Ausbildungserlass jedes Jahr neu intern bekanntgegeben. Wer will das lesen und warum sollte das die Öffentlichkeit interessieren? Ein weiterer Erlass regelte den Einsatz von Werkzeug in der Holzernte. Dito. Vom Auswärtigen Amt weiß ich, dass jedes Jahr zum einheitlichen Versetzungstermin tausende Beamte einen Erlass über ihre persönliche Verwendung bekommen. Das allein sind etliche Aktenordner voll Papier, dass außer den betroffenen niemand liest.

        Es geht hier nicht ums Führerprinzip, sondern wie eine Behörde sich effizient selbst verwalten kann. Damit wird auch kein Parlament entmachtet, die Rundbrief, Erlasse und Vorschriften ermöglichen es der Exekutive, die verabschiedeten Gesetze mit Leben zu füllen.

        • @wintermute:

          Tja - Fritz der Forstadjunkt - das ist auch kein Anhaltspunkt! Aber von vorn::



          Julchen: Försters Fritze, blond und kraus,



          Ja, der sieht schon besser aus.“



          Doch & Däh -



          “Und dann Fritz, der Forstadjunkt,



          Das ist auch kein Anhaltspunkt.



          Einfach bloß als Mensch genommen



          Wäre dieser höchst willkommen,



          Nur muß Knopp sich dann entschließen,



          Ganz bedeutend zuzuschießen. – “ 🙀🥳 -



          Der Alte aus Wiedensahl - machte von Kindesbeinen - Freude ohne Zahl.



          Nur - ehra Sentenz “ Erlasse sind nach innen gerichtete Verwaltungsakte der Exekutive, daher ist eine Veröffentlichung nicht vorgesehen“



          Ist in seiner Apodiktik - auch durch Forst & Wald gejagt - juristisch nicht erquicklich.



          Will sagen - Erlasse werden eher selten veröffentlicht! But.



          Ihr “daher ist eine Veröffentlichung nicht vorgesehen“ mag ja ehra Praxiserfahrung entsprechen! Woll



          Ist in dieser Ausschließlichkeit aber - sorry - schlicht Stuß.



          Bin ja hier immer für Fortbildung - wa!

          “Erlass



          (Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 2.02)



          olev.de/e/erlass.h...h%C3%A4ftsbereichs.



          Kluges Teil - always at your servíce

  • Pistorius hat ersichtlich seinen Laden ersichtlich & wie seine Vorgänger:innen Nicht im Griff UND - is ja noch neu im Gewerbe! Gellewelle&Wollnichtwoll



    & na bitte - Geht doch! 🪖🪖🪖 -



    “Der Mann, der die „ergänzenden Hinweise“ am 12. Juli 2024 verschickt hatte, Generalleutnant Kai Rohrschneider, wird übrigens seinen Posten als Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte ohnehin räumen: Er ist als Nachfolger von Generalleutnant Alexander Sollfrank als Kommandeur des Joint Support and Enabling Command (JSEC) der Nato in Ulm vorgesehen.“

    Boris! FLASCHENPOST nennt sich sojet!



    &Däh - Edeka-Vermerk & 🐘 🐘🐘 🪦 -



    (Für Nichtgediente: Elefantenfriedhof -



    Ja Volkers 👄 - tut Wahrheit kund!;))

    Na Mahlzeit - es ist und bleibt!



    Ein Sauhaufen & stinkt 🐟 vom Kopf her



    Ertüchtigungsinitiative🎈- aber schon an der Erlaßlage scheitern - breitbeinig sich die Finger im 👖 Stall abbrechen!



    “…& leise knarzt des Halsholzgewinde - im 💨 im 💨 ! Gelle

  • Sönke Neitzel und Carlo Masala sprechen in Sachen Garnisonskirche auch der AfD aus der Seele.

    Die Potsdamer AfD-Fraktion hat sich schon lange für die Neueröffnung des "Gedenkortes" eingesetzt.

  • Vielen Dank für die Recherche!



    Nach Vielen Mutmaßungen, ist hier nun schwarz auf weiß zu lesen, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius eben nicht Teil dieser Sammlung von Vorschlägen war.



    Nun genau aus dieser Erkenntnis, eben der Zuständigkeit eines Abteilungsleiters wiederum einen Vorwurf zimmern zh wollen, ist bloße Parteipolitik.



    Die Taz darf sich ans Revers heften, ihre Aufgabe als Teil der vierten Gewalt ernst zu nehmen.



    Die Bundeswehr zeigt mit ihrer Kritikfähigkeit und den raschen Konsequenzen allerdings auch gute Seiten.

    • @Philippo1000:

      Schön - Finger lang & Ehrgeiz - 1000 wie fein & höhn



      & 🪖🪖🪖 -



      “Während seiner Berufslaufbahn kann er zum Referatsleiter, später zum Unterabteilungsleiter und eventuell zum Abteilungsleiter aufsteigen und sein Gehalt somit auf bis zu 19.500 Euro erhöhen.



      Ach härm. Is das nicht schööen! 🙀🥳🤭



      &



      Ein Minister - da hilft nicht ehrn Entsatz



      Verantwortet* seinen Laden •



      Da beißt vom Faden 🧵 - nichts ab die Katz •

      kurz - Ehra staatstragender Geistes⚡️



      Trotz ⛈️💥 - bleibt ein Witz! Woll

      unterm——servíce —-



      Die geschätzte Gesamtvergütungsspanne als Referatsleiter bei Bundesministerium Der Verteidigung liegt bei 69.348 €–74.350 € pro Jahr. Die Gesamtvergütung berücksichtigt Grundgehalt und Zusatzvergütung. Das durchschn. Grundgehalt als Referatsleiter bei Bundesministerium Der Verteidigung beträgt 71.867 € pro Jahr.“



      &*



      “Das Grundgesetz erwähnt das Prinzip der parlamentarischen Verantwortung nicht ausdrücklich, gibt aber dem Bundestag die Mittel zur Regierungskontrolle an die Hand.“ wiki



      always at your servíce



      (ps von den Schriftsätzen des BMV anlässlich Bomnardierung Kosovo!



      Ein andermal! Gelle - Schaum vorm Mund kein Ausdruck Kollateralschäden gäb‘s nicht! Chines. Botschaft 💣

  • „Die Mehrheit der intrinsisch motivierten Soldaten wünscht sich aber mehr Bezüge zum Kampf und auch zur Zeit von vor 1945.”



    Erschreckend, dass der darin überhaupt kein Problem sieht, sondern im Gegenteil einen legitimen, zu erfüllenden Wunsch. Der Professor sollte sich noch mal tiefer mit Geschichte abseits von Militär beschäftigen. Vielleicht versteht er dann, warum Aufklärung in eine andere Richtung betrieben werden muss.



    Ich für meinen Teil möchte keine Soldaten, die sich mehr Bezüge zur Zeit vor 1945 wünschen. Und dass das angeblich die Mehrheit sein soll, macht Angst!

    • @DonkeeeyKong:

      Was heißt denn bei Soldaten "intrinsisch motiviert"? Dass sie Soldaten sind, weil sie gerne kämpfen wollen?

      • @Francesco:

        …hm - ist doch schön - wenn nach dem großen Knall wenigstens die Öberschte Heeresleitung verlautbaren kann!



        “Wir waren nur intrinsisch Soldaten 🪖



        Möge jedem die Hand abfallen - der noch einmal ein Gewehr anfaßt!“



        (©️ FJS später BMV) - ehse die nächste Armee 👼🍼entbinden! Gell 🪖🪖🪖

        Na Servus