Schnellstraßen-Projekt im Osten Berlins: Jetzt sägt auch der Bund an der TVO

Anders als bislang behauptet, stehen für den Bau der Tangentialverbindung Ost kaum Fördermittel des Bundes zur Verfügung. Die CDU ficht das nicht an.

Aktivist*innen haben in der Nacht vom 12. auf den 13.05.2023 aus Protest gegen den Bau der Tangentialverbindung Ost (TVO) ein Waldstück in der Berliner Wuhlheide besetzt.

Protest in den Bäumen: Im Frühjahr 2023 besetzten Geg­ne­r:in­nen der TVO einen Teil der Wuhlheide Foto: AdoraPress/M. Golejewski

BERLIN taz | Die umstrittene Tangentialverbindung Ost (TVO) wird Jahr für Jahr teurer. Inzwischen geht die Senatsverkehrsverwaltung für den Bau der Straße zwischen Marzahn und Köpenick von Gesamtkosten in Höhe „von über 400 Millionen Euro“ aus – immerhin schlappe 250 Millionen mehr als vor vier Jahren.

Aber keine Sorge, so das Mantra von Schwarz-Rot: Die Kosten für den Bau der 7,2 Kilometer langen Betonpiste durch die Wuhlheide müsste Berlin nicht allein stemmen, einen Großteil der Summe würde ja der Bund übernehmen. Schon der rot-grün-rote Vorgängersenat glaubte fest daran.

Netter Versuch, heißt es nun sinngemäß in einer aktuellen Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums, die am Dienstag von den im Bündnis „Schiene vor TVO“ zusammengeschlossenen Geg­ne­r:in­nen des Projekts präsentiert wurde. Denn tatsächlich kommt die vom Senat erhoffte 90-prozentige Förderung der vierspurigen Straße über den Bund-Länder-Topf mit dem umständlichen Namen „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) nur für den ersten von insgesamt acht Bauabschnitten infrage.

Im Klartext: „Die weiteren sieben Bauabschnitte der TVO werden komplett aus Mitteln des Landes Berlin – ohne jegliche Beteiligung der GRW – finanziert.“ Begründet wird das damit, dass aus GRW-Mitteln nur die Anbindung von Gewerbegebieten finanziert werden könne, keinesfalls aber „reine Straßenbaumaßnahmen“.

Ganzer Strauß an Argumenten gegen die TVO

Matthias Oomen vom Fahrgastverband „Pro Bahn“ schlussfolgert daraus, dass die Finanzierung damit jetzt „auf sehr tönernen Füßen“ stehe. Was durchaus freundlich formuliert ist. Denn das Veto des Bundes bedeutet faktisch, dass Berlin die Baukosten fast zur Gänze allein tragen müsste – sofern keine anderen Fördertöpfe aufgetan werden. BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser wird mit Blick auf die TVO-Gesamtplanung dann auch deutlicher: „Als Finanzsenator würde ich sagen: Streichen.“

In jedem Fall legte das Bündnis „Schiene vor TVO“ am Dienstag neben dem Finanzierungsargument einen ganzen Strauß weiterer Gründe vor, weshalb die Schnellstraße abzulehnen sei. Angefangen bei den bedrohten Eichenmischwäldern über die „fragwürdige“ Trassenführung bis zum „unhaltbaren“ Versprechen, die vom aktuellen Durchgangsverkehr genervten An­woh­ne­r:in­nen in Biesdorf oder Karlshorst würden durch die TVO entlastet.

Zur Wahrheit gehört, dass die umwelt-, klima- und verkehrspolitischen Argumente die schwarz-rote Koalition auch bislang wenig beeindruckt haben. Selbst der Umstand, dass das Eisenbahnbundesamt (EBA) jüngst die Freigabe von für den Bau der Straße benötigten Flächen verweigert hatte, perlte mehr oder weniger an Verkehrssenatorin Ute Bonde ab. Die CDU-Politikerin sprach im Nachgang lapidar von einer „Einwendung“, die man prüfen werde. Dabei sollte der CDU-Politikerin klar sein: „Wenn das EBA sagt, es geht nicht, geht's halt nicht“, so Tilmann Heuser vom BUND.

CDU-Politiker Gräff: „Bedeutet überhaupt nichts“

Doch ähnlich locker geht man in der CDU jetzt mit der Stellungnahme aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) um. Folgt man Christian Gräff, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, gibt es jedenfalls keinen Grund, das Papier allzu wichtig zu nehmen. „Das bedeutet überhaupt nichts“, sagt Gräff am Dienstag gegenüber der taz zum vorläufigen Aus für die GRW-Träume.

Er sei da zum jetzigen Zeitpunkt „total entspannt“, so der vehemente Verfechter der Trasse durch die Wuhlheide. Zunächst müsse doch das Ende des im November 2023 gestarteten Planfeststellungsverfahren für die TVO abgewartet werden. Im Anschluss kämen dann noch die zu erwartenden Klagen gegen das Projekt, bevor frühestens 2027 mit dem Bau begonnen werden könne.

Bis dahin sei noch genug Zeit, um sich nach Finanzierungsmöglichkeiten jenseits der GRW-Mittel umzuschauen. Ob Gelder vom Bund oder von der EU: „Ich bin mir ganz sicher, dass wir die Mittel für die TVO akquirieren“, glaubt Gräff. Allein, die TVO ist bislang nicht einmal Teil des Bundesverkehrswegeplans: Für den Bund ist sie eine schnöde Stadtstraßenplanung.

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