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Dass Menschen in Unterkünften dauerhaft leben, war in Deutschland immer wieder der Fall, selbst Anfang der 1970er hatten viele Städte solche Unterkünfte gehabt.
Und da lebten viele deutsche Familien, es war nicht unbedingt nur für Migranten oder Asylbewerber.
Seitdem im Wohnungsmarkt massiv investiert, auf Renditen spekuliert wird, sinkt die Neigung der Kommunen, Länder und der Stadtstaaten, massiv Geld in den sozialen Wohnungsbau zu stecken.
Eine Stadt wie Hamburg bräuchte wahrscheinlich 50.000 Wohnungen in mehreren Größen, um den jetzigen Bedarf zu decken.
Olaf Scholz hatte als Bürgermeister aber nur für ein Drittel aller Wohnungen Sozialwohnungen vorgesehen, ein Drittel sollte Eigentum und ein Drittel solle freier Markt zu Miete sein. Damit kann man Menschen nicht aus Unterkünften holen.
München ist für Durchschnittsarbeitnehmer schon nicht bezahlbar, Frankfurt hat extreme Mieten, aber selbst Elmshorn oder Offenbach steigen die Mieten stark an.
In diesem Sinne: Es hat keine Priorität, sozialen Wohnungsbau zu betreiben.
Es wird in Kauf genommen, dass es für die Gesellschaft starke Konsequenzen haben kann, wenn ein Teil der Bevölkerung verarmt in Unterkünften leben muss.
Den priorisierten Zugang gibt es bereits.
Nennt sich Wohnberechtigungsschein.
In Berlin vergeben die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften selbst in ihren Altbauten einen Teil nur an Leute mit WBS.
Hat nur keinen großen Effekt, weil das Wohnungsangebot schlicht zu gering ist.
Klimaschutz, Infrastruktur, Digitalisierung, Ukraine: Deutschland muss investieren statt sparen, wenn es überleben will. Wer sagt das Lindner?
Wohnungslose in Unterkünften: Vom Wohnungsmarkt übersehen
Fast 440.000 Menschen leben in Deutschland in Unterkünften. Sie landen dort, weil es kaum Sozialwohnungen gibt – und sie stigmatisiert werden.
Von der Übergangs- zur Dauerlösung: Viele Geflüchtete verharren jahrelang in Sammelunterkünften, weil sie keine Wohnung finden Foto: Arne Dedert/picture alliance
Zum Stichtag 31. Januar waren laut Statistischen Bundesamt 439.500 Menschen „untergebracht wohnungslos“ – das heißt, diese Menschen lebten zu diesem Zeitpunkt zum Beispiel in öffentlichen Einrichtungen für Wohnungslose oder in Sammelunterkünften für Geflüchtete. Letztere werden in der Statistik nur berücksichtigt, wenn ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen wurde.
Ein Drittel der Untergebrachten sind Ukrainer*innen, viele Familien mit Kindern. Während überhitzt gefordert wird, dass Geflüchtete arbeiten sollen, wird selten gefragt, unter welchen Bedingungen viele Menschen, darunter auch viele Kinder, hier leben. Nicht nur Geflüchtete, sondern alle, die kaum Chancen auf dem regulären Wohnungsmarkt haben.
Eigentlich sind diese Formen der öffentlichen Unterbringung nur als Übergangslösung gedacht. In der Realität verharren dort aber viele über Jahre, weil sie keine eigene Wohnung finden. Dass die Notlösung zum Normalzustand wurde, ist ein vergleichsweise stiller Skandal. Das mag auch daran liegen, dass Wohnungslosigkeit in der gesellschaftlichen Debatte meist nur mit Straßenobdachlosigkeit assoziiert wird. Wer irgendein Dach über dem Kopf hat, gilt da schon als versorgt. Aber diese Form der Zwei-Klassen-Wohnraumversorgung ist gesellschaftlich inakzeptabel.
Die aktuelle Zahl von 439.500 Menschen wirft nur ein kleines Schlaglicht auf das Thema Wohnungslosigkeit. Denn alle, die offen auf der Straße leben oder diejenigen, die ohne Mietvertrag bei Bekannten unterkommen, sind nicht berücksichtigt. Sie alle hätten Anspruch auf eine menschenwürdige Unterbringung.
Doch leider fehlen ausgerechnet im bezahlbaren Segment die meisten Wohnungen. Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. Die Bundesregierung hat zwar einen nationalen Aktionsplan beschlossen, aber mit schneller Hilfe ist nicht zu rechnen. Wohnungslose Menschen, die mit vielen Problemlagen zu kämpfen haben, müssen einen priorisierten Zugang zu Wohnungen bekommen, sonst werden sie bei Besichtigungen immer hinten anstehen.
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Kommentar von
Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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