Schutz Minderjähriger vor sexueller Gewalt: Endlich!

Das Bundeskabinett beschließt das Missbrauchsgesetz. Das ist ein wichtiges Signal an Betroffene und für die Aufklärung von Missbrauchsfällen.

Familienministerin Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Claus bei einer Pressekonferenz.

Familienministerin Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Claus geben ein Statement zum UBSKM-Gesetz Foto: Jörg Ratzsch/dpa

Nun hat es doch noch vor der parlamentarischen Sommerpause geklappt: Das lange geforderte und im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetz für mehr Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt ist da. Am Mittwoch hat das Kabinett das sogenannte UBSKM-Gesetz beschlossen. Der sperrige Buchstabenname leitet sich vom Amt der oder des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ab, aktuell ist es Kerstin Claus. Das Amt wird durch das Gesetz dauerhaft installiert und damit ähnlich wichtig wie beispielsweise die Wehrbeauftragte.

Das ist so wichtig zu betonen, denn bislang hangelten sich Claus und ihr Vorgänger Johannes-Wilhelm Rörig von Jahr zu Jahr, immer in der Ungewissheit, ob das, was sie für die Aufklärung von Missbrauchsfällen und für Betroffene tun, von Dauer ist. Obwohl seit den 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche und den bis heute folgenden in Sportvereinen, Heimen, der evangelischen Kirche und vor allem in Familien das Thema (immer mal wieder) in der Öffentlichkeit ist, gab es keine klare Regelung, wie solche Fälle aufgearbeitet werden können.

Sicher, es gibt die Aufarbeitungskommission und es gibt den Betroffenenrat, die auf der politischen Ebene wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Aber die Betroffenen müssen auch im Alltag zurechtkommen, die meisten von ihnen brauchen konkrete Hilfen im Beruf, in der Ausbildung, psychosoziale Betreuung, regelmäßige medizinische Therapien. Sexuelle Gewalt in der Kindheit prägt einen Menschen ein Leben lang, so gut wie jede und jeder Einzelne auch versucht, damit klarzukommen.

Unabhängig davon wollen Betroffene wissen, was damals passiert ist, im Kirchenverein, im Ferienlager, bei Sportkurs, mit dem Onkel. Bislang blieb ihnen aber verwehrt, das in Akten – ja, viele Vorgänge sind aus Akten rekonstruierbar, nicht selten finden sich dort Täternamen – nachzulesen. Mit dem Gesetz ist das nun möglich. Und es ist wichtig. Denn wer mehr darüber weiß, was in seiner Kindheit und Jugend mit ihm passiert ist, kann besser mit dem Erlebten in der Gegenwart umgehen. Jede neue Erkenntnis bringt mehr Klarheit in eine diffuse und dunkle Vergangenheit.

Und noch ein Gesetzesdetail ist nicht geringzuschätzen: Die Missbrauchsbeauftragte Claus ist durch das Gesetz verpflichtet, Bundestag und Bundesrat regelmäßig über den Stand der Missbrauchsaufarbeitung Bericht zu erstatten. Das birgt die große Chance, das Thema nicht nur in medialen Wellen in der Öffentlichkeit zu halten, sondern dauerhaft. Und damit in steter Abfolge auf Missstände hinzuweisen, unter anderem bei weiterer Aufklärungsarbeit in Institutionen und vor allem bei der Entschädigung von Betroffenen.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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