Klima-Versprechen in der Werbung: Wischiwaschi beim Fruchtgummi

Unternehmen dürfen nicht länger mit Pseudo-Umweltfreundlichkeit werben – gut so. Die Ampel solle jetzt mit besseren gesetzlichen Regeln nachlegen.

Eine Frau läuft an einer Werbetafel vorbei

Katjes-Werbung bei der Internationalen Süßwarenmesse in Köln, 23. April 2023 Foto: Ying Tang/NurPhoto/imago

Fast alle Produkte zu 100 Prozent vegan, Peace-&-Love-Gummis, Kuscheln mit Kühen, klimaneutral: Die Lakritze und Fruchtgummis von Katjes wenden sich mit quietschbunten Verpackungen und Werbefilmchen an eine junge Zielgruppe – und wollen natürlich verkauft werden.

Dass Katjes – und damit auch andere Konzerne – der Kundschaft nicht irgend­einen grün gewaschenen Schmu versprechen kann, hat am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Endlich. Denn: Es ist gut für die Umwelt, wenn Kun­d:in­nen klar unterscheiden können, welche Produkte nachhaltig hergestellt wurden – und welche nicht.

Ver­brau­che­r:in­nen begegnen nämlich immer öfter Wischiwaschi-Umweltversprechen, deren Wahrheitsgehalt sie nicht überprüfen können: „recycelbare Verpackung“, „bienenfreundlich produziert“, „aus verantwortungsvollen Quellen“, „enkeltauglich“ oder eben „klimaneutral hergestellt“ – mit Letzterem werden nicht nur Windeln, sondern auch Motoröl gelabelt.

Diese „Green Claims“ gibt es nicht nur als Werbeslogans, sondern auch in Form von Siegeln, die leider oft viel weniger halten als gedacht. Denn anders als bei staatlich vergebenen Bio- und Ökosiegeln gibt es für Klimasiegel keine gesetzlich geregelten Standards. Ihre Werbeversprechen können alles – und nichts – heißen.

Aber: Kommuniziert das Unternehmen hier sein tatsächliches Engagement für eine nachhaltige Produktionsweise? Oder macht es sich nur zunutze, dass Werbung mit Nachhaltigkeitsbezug bislang kaum reguliert ist – anders als beispielsweise gesundheitsbezogene Werbung? Die Vorinstanz hatte im Katjes-Fall noch viel konzernfreundlicher entschieden: Es reiche, wenn sich Kun­d:in­nen auf der Firmenhomepage über die Art der „Klimaneutralität“ unterrichten könnten.

Aber: Wie sollen Kund:innen, die von ihren Kindern in der Quengelzone an der Supermarktkasse bedrängt werden, ein möglicherweise nachhaltiges Gummizeugs zu kaufen, fix entscheiden, ob es „klimaneu­tral“ produziert wurde? Denn: Das kann vieles heißen. Oftmals ist die Produktion gar nicht nach­haltig, Treibhausgas­emissionen wurden nicht reduziert, sondern lediglich „ausgeglichen“.

BGH fordert mehr Klarheit

Die dabei verwendeten Kompensations­projekte, meist geht es um Aufforstung oder Waldschutz, halten oft nicht, was sie ver­sprechen. Bei Werbung müsse deshalb künftig „zur Vermeidung einer Irreführung ­regelmäßig bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist“, betont der Bundesgerichtshof nun.

Gut so! Ver­brau­che­r:in­nen­freund­lich wäre außerdem, liebe Ampel: Umweltbezogene Werbung muss stärker reguliert werden, umweltbezogene Siegel müssen von unabhängigen Dritten überprüft werden. Der freiwillige Kompensationsmarkt sollte stärker reguliert – und das Label „Klimaneutralität“ in der ­Werbung verboten werden.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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