Meine Reise zur EM nach Dortmund: Sehnsuchtsort Westfalenstadion

Live im Stadion wollte ich die türkische Nationalmannschaft zu einem Sieg gegen Georgien schreien. Doch dann ging etwas schief bei der Anreise.

Türkische Fans schwenken Fahnen in der Dortmunder Innenstadt.

Dortmund in türkischer Hand: türkische Fans vor dem Spiel gegen Georgien in der Dortmunder Innenstadt Foto: dpa | Christoph Reichwein

Es ist ein wunderbarer Plan: Um die türkische Fußballnationalmannschaft gegen Georgien gebührend anzufeuern, fahre ich einen Tag vorher bis nach Dortmund, wo dieses höchst spannende erste Gruppenspiel der Türken bei der EM stattfinden wird. Ich habe nämlich gewisse Zweifel, dass es der türkischen Mannschaft etwas hilft, wenn ich hunderte Kilometer weit entfernt zu Hause hin und her springe, Beifall klatsche oder laut anfeuere. Aus so einer großen Entfernung macht es auch wenig Sinn, die Schiedsrichter als „unfähige, bestochene Idioten“ zu beschimpfen – die werden das nie zu hören bekommen, bei dem Lärm im Stadion.

In Dortmund habe ich plötzlich das Gefühl, mitten in Istanbul zu sein. Sogar in Istanbul sieht man ab und zu ein paar Touristen, aber hier in Dortmund sind es nur Türken! Auch die ganzen Hotels und Pensionen sind total überfüllt – mit Türken! Die Hotels in den umliegenden kleinen Orten sind auch voll – mit Türken! Wenn die Türken vor dreihundert Jahren Wien derart belagert hätten, bräuchten sie jetzt kein Visum für Österreich und Deutschland.

In einem 40 Kilometer von Dortmund ­entfernten Dorf finde ich doch noch ein ­Hotel, das zum Glück nur zur Hälfte von Türken belagert wird.

„Sie wollen sicher zum Fußball, oder?“, fragt der Mann an der Rezeption sofort, als er mich sieht.

„Klar, wir machen die Georgier fertig“, rufe ich voller Vorfreude.

„Dann tragen Sie sich dort drüben in die Liste ein“, sagt er.

„Wetten will ich darauf aber doch nicht. Bitte keine Liste“, antworte ich.

„Nix wetten. Wir fahren Sie bis ins Stadion. Morgen früh rufen wir Sie an“, meint er.

„Aber wo ist denn das Stadion? Sind Sie sicher, dass in die Hütte 80.000 Leute passen?“

„Das nenne ich Service“, rufe ich begeistert und gehe sofort ins Bett, um für das schwere Spiel morgen genug Kraft zu tanken.

Am nächsten Tag steigen wir gleich nach dem Frühstück in einen Bus.

Nach 45 Minuten Hopserei auf extrem kurvenreichen Landstraßen ruft unser Reiseführer: „Von hier geht’s zu Fuß weiter. Keine Müdigkeit vortäuschen!“

„Toll, ich bin derart motiviert, ich könnte bis in die Türkei laufen“, rufe ich energisch zurück.

Nach einer Stunde bin ich bereits völlig ­außer Atem! Das war die größte sportliche ­Betätigung, die ich in den letzten zehn Jahren vollbracht habe. Ach was, in den letzten 50 ­Jahren sogar.

Aber was tut man nicht alles als guter Fußballfan?

Nach zwei Stunden aber jammere ich: „Wann sind wir denn endlich da?“

„Wir sind doch schon fast da“, sagt der Führer und zeigt auf eine gammelige Hütte.

„Aber wo ist das Stadion? Sind Sie sicher, dass in diese Hütte 80.000 Leute reinpassen?“, frage ich schockiert.

„Sind Sie verrückt? Da passen nicht mal 80 Leute rein“, lacht er.

„Aber ich will doch das Spiel Türkei gegen Georgien live im Dortmunder Westfalenstadion sehen. Deswegen bin ich doch von Bremen bis hierher gekommen“, flippe ich aus.

Daraufhin schüttelt er sich vor Lachen und ruft: „Mein Herr, dann hätten Sie sich doch nicht in die Wanderliste des Hotels eintragen sollen!“

„Ich fasse es nicht! Ich wollte doch Arda ­Güler sehen, verdammt!“

„Jetzt sehen Sie die Burgruine Hohensyburg oberhalb von Ruhr und Lenne, ist doch auch was!“

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