Hohe Strafzölle auf E-Autos: EU findet Chinas Geld unfair

Der chinesische Staat steckt Milliarden in die E-Auto-Industrie. Die EU-Kommission reagiert mit Strafzöllen. Das könnte weitreichende Folgen haben.

Blick von oben auf ein Auto, das an einer Eine automatische Reifenmontagestation steht, Roboterarme montieren Reifen

Automatische Reifenmontagestation im chinesischen Guangzhou Foto: Deng Hua/dpa

BRÜSSEL taz | Wenige Tage nach der Europawahl hat die EU-Kommission eine brisante wirtschaftspolitische Entscheidung verkündet. Ab Juli sollen in Europa hohe Strafzölle auf importierte chinesische Elektroautos greifen. Der Grund: Die E-Autos würden vom Staat subventioniert, was den Wettbewerb verzerre und der europäischen Industrie schade. Wegen deutscher Bedenken gibt es aber noch eine Schonfrist.

Betroffen sind zunächst die chinesischen Hersteller BYD, Geely und SAIC. Wie die Brüsseler Behörde mitteilte, gilt künftig für BYD ein Importzoll von 17,4 Prozent, für Geely 20 Prozent und für den staatlichen chinesischen Volkswagen-Partnerkonzern SAIC sogar 38,1 Prozent. Die neuen Strafzölle sollen ab dem 4. Juli greifen – es sei denn, China lenke noch in letzter Minute ein.

Überraschend kommt die Ankündigung nicht. EU-Kommis-sionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hatte schon im Herbst eine Untersuchung eingeleitet und Sanktionen angekündigt. Druck machte vor allem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der um Marktanteile für günstige E-Autos aus Frankreich fürchtet. Deutschland stand hin­gegen auf der Bremse.

Mit Rücksicht auf die Europawahl wurde die Entscheidung immer wieder verschoben. Zuletzt geriet von der Leyen jedoch in Zugzwang: US-Präsident Joe Biden hat ebenfalls hohe Strafzölle auf E-Autos made in China verhängt. Sie liegen bei 100 Prozent und könnten dazu führen, dass die chinesischen Exporte noch mehr nach Europa drängen.

China will eigene Interessen „entschieden“ verteidigen

Das US-Unternehmen Tesla wurde von der EU-Behörde verschont. Obwohl es ebenfalls in China produziert, sei das Unternehmen des umstrittenen Unternehmers Elon Musk „nicht repräsentativ“, hieß es in Brüssel. Andere Firmen könnten aber noch hinzukommen.

Die meisten europäischen Autobauer hatten sich klar ­gegen die neuen Zölle ausgesprochen. Sie befürchten Vergeltungsmaßnahmen auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt China. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte sogar vor einem Handelskrieg. Demgegenüber hofft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf mögliche Verhandlungen mit der chinesischen Regierung.

„Entscheidend ist, dass jetzt gesprochen wird“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats der CDU in Berlin. „Zölle sind als politisches Mittel immer nur Ultima Ratio und häufig der schlechteste Weg.“ Allerdings machte die EU-Kommission deutlich: Die Strafzölle könnten nur dann wegfallen, wenn Peking weitgehende Zugeständnisse mache.

Danach sieht es nicht aus. Das chinesische Außenminis­terium teilte mit, man werde die eigenen Interessen entschieden verteidigen. Sonderzölle auf E-Autos­ würden Marktregeln ­verletzen, hieß es in Peking. „Diese Anti-Subventions-Untersuchung ist ein typischer Fall von Protektionismus“, sagte der Sprecher des Ministeriums.

Endgültige Maßnahmen erst nach US-Wahl im November

Der Verband der deutschen Autoindustrie VDA kritisierte die EU-Entscheidung ebenfalls scharf. Sie sei „ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit“ und „nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken“. Die EU müsse „aufpassen, nicht zwischen die geopolitischen Mühlen seiner zwei wichtigsten Handelspartner zu geraten“, hieß es bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer mit Blick auf Druck aus den USA.

Die EU-Kommission kann in der Handelspolitik allein entscheiden. Die Mitgliedstaaten sollen konsultiert werden – aber erst im Juli, nach Inkrafttreten der vorläufigen Zölle. „Endgültige Maßnahmen“ sollen ab dem 4. November greifen – einen Tag vor der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl am 5. November.

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