piwik no script img

Legalisierung von AbtreibungenDrei Länder machen Druck

Während die Ampel trödelt, fordern die Justizministerinnen von Hamburg, Niedersachsen und Sachsen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren.

Will, dass Abbrüche in den ersten drei Monaten legal sind: Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) Foto: Robert Michael/dpa

Berlin taz | Die Ampelkoalition trödelt, nun machen drei Bundesländer Druck: Auf der am Mittwoch beginnenden Justizministerkonferenz (JuMiKo) wollen Niedersachsen, Sachsen und Hamburg eine Initiative zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts einbringen.

Abtreibung sei eine höchstpersönliche Entscheidung, heißt es in dem Antrag

Demnach sollen die Jus­tiz­mi­nis­te­r*in­nen die Bundesregierung auffordern, Schwangerschaftsabbrüche zumindest in den ersten drei Monaten zu legalisieren. „Beim Schwangerschaftsabbruch handelt es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung, die in der Frühphase der Schwangerschaft – ohne staatliche Einmischung – allein der Schwangeren vorbehalten sein sollte“, heißt es in dem Antrag.

Hintergrund ist der Bericht einer Expert*innenkommission, die im Auftrag der Bundesregierung ein Jahr lang Alternativen zum derzeitigen Abtreibungsrecht geprüft und sich klar für eine Liberalisierung ausgesprochen hat.

Bislang sind Abbrüche in Deutschland verboten. Wenn sie in den ersten zwölf Wochen nach Befruchtung stattfinden, die Schwangere sich einer Beratung unterzogen und danach drei Tage Wartefrist verstreichen hat lassen, bleiben sie jedoch straffrei. Diese „grundsätzliche Rechtswidrigkeit“, so die Expert*innenkommission, sei nach eingehender verfassungs- und völkerrechtlicher Prüfung zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft „nicht haltbar“.

Anlass zum Handeln

Die Ampelkoalition hatte verhalten auf den Bericht reagiert. Man müsse nun prüfen, hieß es einhellig – obwohl mit SPD und Grünen zwei der drei Koalitionspartner die Abschaffung von Paragraf 218 Strafgesetzbuch in ihren Wahlprogrammen gefordert hatten.

Das wollen die Justizministerinnen der drei einbringenden Länder offenbar nicht einfach hinnehmen: Es bestehe „aktueller Anlass, die Liberalisierung des Rechts des Schwangerschaftsabbruchs“ umzusetzen, heißt es in dem Antrag. Ebenso wird ein „Rechtsanspruch auf Beratung bei (ungewollter) Schwangerschaft anstelle der derzeitigen Zwangsberatung“ gefordert.

Das Strafrecht sei nicht das richtige Mittel, „um das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und den Schutz ungeborenen Lebens“ in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen, sagte Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD), derzeit Vorsitzende der JuMiKo.

Statt diesen Konflikt zu lösen, werde „die höchst individuelle Entscheidung der Frau“ mit dem Stigma der Kriminalität belegt, erklärte auch Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne). „Der Schutz und die Achtung der Menschenwürde gebieten es, dass Frauen in Deutschland in den ersten zwölf Wochen ihrer Schwangerschaft eigenverantwortlich und legal über den Abbruch dieser Schwangerschaft entscheiden können“, so Meier.

Nicht entlang klassischer Parteilinien

„Deutschland ist nach Polen das Land in der EU mit der restriktivsten Regelung zum Schwangerschaftsabbruch“, betonte Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne).

Die Erfolgsaussichten der Initiative sind unklar. Zwar haben die SPD-geführten Länder in der Justizministerkonferenz eine Mehrheit. Doch das Thema läuft nicht ganz klar entlang klassischer Parteilinien und Zustimmung von Ländern mit Regierungsbeteiligung der Union ist unwahrscheinlich.

Umso bemerkenswerter, dass eine der Initiatorinnen aus just einer solchen Landesregierung kommt: Die Grüne Katja Meier regiert in Sachsen in einer schwarz-grün-roten Koalition mit – unter einem CDU-Ministerpräsidenten. Mit dem Koalitionspartner abgesprochen sei der Antrag nicht, sagt ein Ministeriumssprecher. „Das ist in dem Fall auch nicht nötig, da es sich erst mal um eine Initiative auf Ebene der Jus­tiz­mi­nis­te­r*in­nen handelt.“ Zuletzt hatte es in der Koalition mehrfach heftig gekracht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ich zitiere mal die FDP "Wir fordern, dass das Recht auf die gesundheitliche Versorgung mit einem sicheren Schwangerschaftsabbruch in Europa gewährleistet werden muss"

    Ja liebe FDP ... um das zu erreichen mus der Schwangerschaftsabbruch zunaechst einmal keine Straftat mehr sein und regulaerer Teil des Medizinstudiums.

    Die Stigmatisierung ist einer der usrspruenglichen Gruende, fuer die schlechte Versorgung.

    Ist es nicht iwie ironisch das ausgerechnet die Partei die von sich behauptet fuer Freiheit zu stehen... gegen die Selbstbestimmung von Frauen ist?

    Aber die FDP ist ja nur fuer die Freiheit der Besserverdienerinnen und das sind ja meist Maenner und daher passt das schon wieder iwie.