Kinotipps für Berlin: Der Lauf eines Lebens
Eine Dokumentation würdigt Charles Aznavour, das Zeughauskino zeigt den Feiertagsklassiker „Sissi“ und das Babylon Mitte noch einmal „Mars Attacks!“.
I m klassischen TV ist die Mitte der 1950er Jahre entstandene österreichische Produktion „Sissi“ der am gefühlt häufigsten gespielte Film an Feiertagen. Kaum ein Weihnachten vergeht, ohne dass die noch jugendliche Romy Schneider in der Rolle als bayerische Prinzessin, die durch die Heirat mit ihrem Cousin Franz Joseph zur österreichischen Kaiserin avanciert, über die Bildschirme flimmert.
Dass die Popularität des einstigen Kassenschlagers auch fast 70 Jahre später noch derart nachwirkt, ist schon erstaunlich. Natürlich ist „Sissi“ ein Produkt seiner Zeit: eine ordentliche Menge romantischer royaler Schmus, gepaart mit Alpenidylle und filmhandwerklichem Können. Für Realitätssinn blieb kein Platz. Vor allem aber bietet der Film natürlich das „Traumpaar“ Schneider und Karlheinz Böhm, denen die Emanzipation von ihren Rollen später gewaltig schwer wurde (und schwer gemacht wurde).
Auch in dieser Hinsicht wirkte „Sissi“ ausdauernd nach. Heute schaut man sich den Film am besten im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen „Sissi“-Bilder und -Fantasien an, zu denen die Kaiserin Filmemacher:innen über die Jahrzehnte hinweg immer wieder inspiriert hat. Auch Schneider selbst verkörperte Sisi (wie die Kaiserin sich selbst nannte) ja noch einmal: als vom Hofleben desillusionierte Frau in Luchino Viscontis „Ludwig II.“ (19. 5., 17.30 Uhr, Zeughauskino).
Charles Aznavour war schon zu Lebzeiten eine Legende, als Chansonnier ebenso wie als Kino- und Fernsehstar. Jahrzehntelang erlebte das Publikum den französisch-armenischen Entertainer auf der Bühne und auf der Leinwand, man sah ihn an und vielleicht auch zu ihm auf.
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Doch mit welchem Blick schaute Aznavour selbst auf die Welt? Ein Jahr vor seinem Tod 2018 mit 94 Jahren zeigte der Star dem Autor und Regisseur Marc di Domenico eine ganze Kammer mit 8mm- und 16mm-Filmen, die er im Lauf seines Lebens gedreht hatte: Straßenszenen mit fremden Menschen, Moden, die ihn interessierten, Erinnerungen an berufliche oder private Reisen, Szenen bei Dreharbeiten, Aufnahmen geliebter Frauen.
Di Domenico stellte dieses Material für den Film „Aznavour by Charles“ zusammen und ergänzte es behutsam durch einige Konzert- und Filmausschnitte sowie einen Off-Kommentar, der ausschließlich Interviews und persönlichen Aufzeichnungen Aznavours entstammt. Dazu gibt es jeweils thematisch passende Chansons zu hören.
Herausgekommen ist ein durchaus ungewöhnliches Porträt, das sich am Blick des Künstlers auf die Welt orientiert. Man spürt die große Neugier, die Zugewandtheit zu den Menschen, das Verständnis für die kleinen Leute mit den großen Träumen. Und es ist auch ein Blick mit Haltung, etwa gegen den Algerienkrieg. Das Kino Filmkunst 66 spielt „Aznavour by Charles“ jetzt aus Anlass des 100. Geburtstags des Künstlers am 20. Mai (20. 5., 12 Uhr, Filmkunst 66).
In einer kleinen Reihe mit Science-Fiction-Filmen, die das Babylon Mitte bis zum 22. Mai zeigt, stellt Tim Burtons „Mars Attacks!“ den satirischen Aspekt des Themas sicher: In Anlehnung an die naiven Alienfilme der 1950er Jahre schuf er eine frenetische Farce um kleine grüne Marsmännchen in fliegenden Untertassen, die sich – ausgesprochen fies gesinnt – daran machen, die Erde zu kolonisieren.
Ein schmieriger amerikanischer Präsident (Jack Nicholson) ist da ebenso machtlos wie das Militär, und die Medien sind auch nur auf spektakulären Rummel aus. Die Rettung der Erde wird schließlich zufällig entdeckt: Hillbilly-Countrymusik (17. 5., 20.30 Uhr, Babylon Mitte).
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