Wiederwahl des litauischen Präsidenten: Nausėdas Ostflanken-Realismus

In Litauen wurde Amtsinhaber Nausėda wiedergewählt. Damit wurde sein loyaler Ukraine-Kurs bestätigt. Der Westen täte gut daran, aufzuhorchen.

Portrait des litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda

Vilnius, 13. Mai: der litauische Präsident Gitanas Nauseda gibt eine Pressekonferenz Foto: Alfredas Pliadis/Xinhua/imago

Einer dürfte sich über die Wiederwahl von Gitanas Nausėda zum litauischen Staatspräsidenten ganz besonders freuen: Wolodymyr Selenskyj und mit ihm viele Ukrainer*innen. Denn mit Nausėda steht für fünf weitere Jahre ein Mann an der Spitze des baltischen Staates, der in der EU zu den vehementesten Un­ter­stüt­ze­r*in­nen Kyjiws gehört und das nicht nur, wenn es um Waffenlieferungen an das vom Krieg verheerte Land geht.

Apropos Militär: Schon im Wahlkampf hatte Nausėda angekündigt, in diesem Bereich nachlegen bzw. -rüsten zu wollen. Jetzt peilt er sogar 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben an – ein Wert, der allein schon die Vorstellungskraft vieler westlicher Verbündeter ­übersteigen dürfte, die wie Deutschland an der Zweiprozentmarke knabbern.

Offensichtlich scheint eine deutliche Mehrheit der Li­taue­r*in­nen diesem Kurs zu folgen. Wie sonst wäre zu erklären, dass Nausėda sein Ergebnis von 2019 um ganze 10 Prozent toppte? Dabei ist die Botschaft der Wäh­le­r*in­nen klar: Kontinuität und vor allem außenpolitisch keine Experimente.

Die Gründe sind offensichtlich. Vor dem Hintergrund leidvoller historischer Erfahrungen fühlen sich Litauen sowie die anderen baltischen Staaten Estland und Lettland, aber auch beispielsweise Polen – obgleich Mitglieder der Nato – von Russland besonders bedroht. Vor allem sie sind in letzter Zeit vermehrt Ziel hybrider Kriegsattacken des Kreml geworden – seien es die gezielte Instrumentalisierung von Migrant*innen, die über die Grenze geschleust werden, oder abstruse Gedankenspiele über Grenzverschiebungen in der Ostsee.

Diese Realitäten nicht zur Kenntnis zu nehmen, zeugt von Ignoranz und Arroganz. Nein, Länder wie Litauen brauchen in Sachen Russland keine Belehrungen. Vielmehr müssen sie Gehör finden. Dazu dürfte jemand wie Nausėda auch künftig seinen Beitrag leisten. Er wird seine Stimme erheben. Vielleicht hätte man Mahner wie ihn schon früher ernst nehmen sollen. Dann wäre die Situation heute vielleicht eine andere.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

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