Rumba aus dem Kongo: Von Ufer zu Ufer

Jazzig bis funkig: Die Compilation „Congo Funk!“ erkundet die Entwicklung der kongolesischen Rumba in Kinshasa und Brazzaville.

Goldene Ära: Tabu Ley mit seinem L’Orchestre Afrisa Foto: Analog Africa

Der folgende Text ist in der taz-Verlagsbeilage „Global Pop“ erschienen.

Inmitten des Congo River liegt der Pool Malebo – der Fluss Kongo staut sich hier zu einer Art See mit großen bewaldeten Inseln. Erst oberhalb ist der Kongo schiffbar, und an den Ufern des Pool Malebo liegen gleich zwei Hauptstädte: Im Norden Brazzaville, Hauptstadt der Republik Kongo, und im Süden Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo.

Kinshasa wurde nach der Unabhängigkeit Kongos im Jahr 1960 zu einem Musikmekka, und die von Latin-Rhythmen beeinflusste kongolesische Rumba verbreitete sich über Afrika. Es entstanden kleine Plattenlabels, zum Teil unterhielten sie eigene Orchester – ein legendäres war O.K. Jazz um den Sänger Franco, das eine schnelle Spielart der Rumba verfolgte, aus dem der Sou­kous hervorging.

Various Artists: „Congo Funk! – Sound Madness From The Shores Of The Mighty Congo River (Kinshasa/Brazzaville 1969-1982)“ (Analog Africa 2024)

Aber auch das deutliche kleinere Brazzaville auf der anderen Flussseite trug durch die quer über den Kontinent zu empfangende Station Radio Brazzaville seinen Teil dazu bei, dass Pop aus dem Kongo in Nairobi und Yaoundé ebenso bekannt wurde wie in Luanda und Lusaka und die E-Gitarre in Afrika so populär wurde.

Die neue Compilation „Congo Funk! (Kinshasa/Brazzaville 1969–1982)“ beleuchtet diese Entwicklung. Und wie üblich bei den Veröffentlichungen des Kölner Labels lässt sich durch umfangreiche Linernotes einiges über die historischen Umstände erfahren. Etwa über den Schub für die Musik der Region durch den berühmten „Rumble in the Jungle“, den Boxkampf zwischen Mohammed Ali und George Forman 1974 in Zaïre (wie der Kongo damals hieß).

Musikfestival „Zaïre 74“

Zu dem Paket, das Boxpromoter Don King dem megalomanischen zairischen Diktator Mobutu für 10 Millionen US-Dollar verkauft hatte, gehörte die Ausrichtung eines dreitägigen Musikfestivals. Für „Zaïre 74“ reisten Stars der afroamerikanischen Musik aus den USA und Afrika nach Kinshasa – unter anderem James Brown.

Auf der Kompilation sind 14 Titel, die allerdings weniger „verrückt“ sind, als es der Untertitel nahelegt, als vielmehr präzise gespielte Songs mit perlenden Gitarren und tighten Bläsern, welche die ganze Bandbreite der kongolesischen Rumba widerspiegeln.

Eröffnet wird das Album mit „Sungu Lubuka“, ein bisher unveröffentlichter fast 8-minütiger, jazzig angehauchter Song des exilangolanischen Sängers Petelo Vicka und seines Orchesters Son Nzazi.

Danach wird es noch schneller und funkiger, bis Rumbalegende Tabu Ley mit dem betörenden mehrstimmigen Gesang seines L’Orchestre Afrisa in „Adeito“ das Ganze in etwas ruhigere Bahnen geleitet – wobei das Tempo schon in der zweiten Hälfte des Songs wieder anzieht. Stimmungsmäßiger Höhepunkt ist dann „Lolo Soulfire“, in dem Sänger Lolo begleitet vom L’Orchestre O.K. Jazz zeigt, was er von James Brown gelernt hat.

„Zaïre 74“ war dabei gewissermaßen der Anfang vom Ende: Mit der von Mobutu geförderten Abschottung des Landes ging auch die Musikindustrie des Kongo den Bach runter, spätestens in den 1980er Jahren hatte Kinshasa seinen Status als internationale Musikmetropole verloren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.