Jost Maurin über den Boom bei Fleischersatzprodukten
: Totgesagte leben länger

Das ist doch mal eine gute Nachricht: 2023 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt fast 17 Prozent mehr Fleischersatzprodukte wie vegetarische Wurst, Sojabratlinge oder Tofu als im Vorjahr erzeugt, während der Fleischkonsum weiter fiel. Unkenrufe von interessierter Seite, dass der Boom der Fleischalternativen zu Ende sei, haben sich also als falsch herausgestellt.

Der Trend hilft dem Klimaschutz. Denn fast 70 Prozent der Treibhausgas­emissionen der Landwirtschaft und rund 5 Prozent des gesamten Ausstoßes Deutschlands sind dem Umweltbundesamt zufolge direkt auf die Tierhaltung zurückzuführen. Für die Produktion von 1 Kilogramm Fleischersatz auf Sojabasis werden demnach 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen. Für Schweinefleisch betrage der Ausstoß 4,1, für Geflügel 4,3 und für Rindfleisch sogar 30,5 Kilo.

Dazu kommt, dass für die Produktion von Fleisch mehr Fläche in Anspruch genommen wird, was sich negativ auf die Artenvielfalt auswirkt. Ganz abgesehen von dem Leid der Tiere, die nach einem kurzen, oft qualvollen Leben getötet werden, um sie zu essen. Dass Fleischersatzprodukte automatisch teurer seien, stimmt auch nicht (mehr). Die Stiftung Warentest stellte fest: Veggie-Schnitzel der Eigenmarken etwa von Discountern sind teils billiger als die entsprechenden Fleischprodukte.

Falsch ist auch die Kritik, Fleischersatzprodukte allgemein seien ungesund. Zwar sind bei Marktchecks von Verbraucherzentralen Alternativprodukte häufig mit viel Salz und Zusatzstoffen aufgefallen. Aber das gilt lange nicht für alle dieser Lebensmittel. Pflanzliche Wurstalternativen etwa hatten im direkten Vergleich mit den Originalen weniger Gesamtfett sowie teilweise deutlich weniger gesättigte Fettsäuren, wie das staatliche Bundeszentrum für Ernährung berichtet. Und nach anfänglicher Kritik an den Rezepturen bessern viele Hersteller nach.

Wirtschaft und Politik sollten sich darauf einstellen, dass der Markt für Fleisch weiter schrumpft. Mehr Bauern müssen die Zahl der Tiere reduzieren – und auf die Produkte von morgen setzen.

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