Wahlkampf in Südafrika: Und plötzlich funktioniert alles

Im Kampf um die Wiederwahl bringt Südafrikas regierender ANC öffentliche Dienste wieder zum Laufen. Er fürchtet eine neue Partei.

Jacob Zuma geht lächelnd durch einen Raum, vor ihm steht ein Mann, mit Leoparden-Kopfbedekcung und einer Leoparden-Schärpe

Jacob Zuma vor Südafrikas Oberstem Wahlgericht, das ihn nun zur Wahl zugelassen hat Foto: ap/dpa

JOHANNESBURG taz | Es ist erst wenige Tage her, da war Südafrika ein Land der Stromausfälle, der Schlaglöcher und der Müllberge.

Jetzt plötzlich gibt es Strom, Straßen werden repariert, Müll wird abgeholt. Südafrika funktioniert. Denn Wahlen stehen an.

Der ANC (African National Congress), der Südafrika seit der Befreiung 1994 regiert und heute tief zerstritten und korrupt ist, fürchtet bei den Wahlen am 29. Mai mehr denn je um seinen Machterhalt. Jetzt muss er sich dem Wahlvolk andienen als eine Partei, die Dinge hinbekommt, trotz steigender Armut und kaputter Infrastruktur.

Mit der Operation „Vala Zonke“ (Alles reparieren) hat Südafrikas staatliche Straßenbehörde am Montag begonnen, rund um die Uhr Löcher zu flicken. Ebenfalls am Montag kündigte Südafrikas kriselnder staatlicher Stromversorger Eskom an, es seien nun 25 Tage ununterbrochene Stromversorgung erreicht worden.

Zu wenig, zu spät

Die sonst üblichen Stromabschaltungen, die reihum verschiedene Kunden treffen, genannt Load Shedding, gibt es nicht mehr. Zuletzt schaffte Eskom so etwas im Juni 2022.

Analyst Sifiso Mkhize hält das für ein Wahlkampfmanöver von Staatschef Cyril Ramaphosa. „Zu wenig zu spät“, sagt Mkhize. „Nach Jahren des Load Shedding und der Vernachlässigung der Straßeninfrastruktur wollen sie jetzt die Öffentlichkeit kaufen. Wir wissen aber, dass sie sich nach den Wahlen keine Mühe mehr geben werden.“

Mkhize unterstützt Südafrikas neueste Partei uMkhonto weSizwe Party (MK) unter Ramaphosas Vorgänger Jacob Zuma, der mit dem ANC gebrochen hat. „Die alten Oppositionsparteien nützen auch nichts, also ist es Zeit, einer neuen Partei eine Chance zu geben“, sagt Mkhize.

MK und Zuma sind heute der spitzeste Stachel im Fleisch des ANC. Die Regierungspartei hat vergeblich versucht, der neuen Partei ihren Namen zu verbieten – denn es ist der Name des 1994 aufgelösten bewaffneten Flügels des ANC, und die neue Partei MK benutzt auch dessen altes Logo.

Eine Copyrightklage des ANC gegen MK scheiterte am Montag vor dem Hohen Gericht in Durban. Zuvor waren auch andere Klagen des ANC gescheitert. Vergangene Woche hat Südafrikas oberstes Wahlgericht Zuma außerdem erlaubt, als öffentliches Gesicht der neuen Partei aufzutreten.

Schlagzeilen helfen

Die Wahlkommission IEC hatte auf Antrag des ANC zunächst entschieden, dass Zuma als verurteilter Straftäter nicht zu Wahlen antreten darf. Sie kann jetzt noch Einspruch gegen den gerichtlichen Beschluss erheben.

All das macht Südafrikas Wahl erst recht zu einer Konfrontation zwischen zwei rivalisierenden historischen ANC-Führern. Jacob Zuma führte den ANC von 2007 bis 2017 und war Staatspräsident von 2009 bis 2018. Die Partei setzte ihn wegen Korruptionsvorwürfen ab und ersetzte ihn durch Cyril Ramaphosa.

Die Gerichtsverfahren nützen Zuma eher, weil er dadurch in den Schlagzeilen bleibt, sagen Kritiker. Er tourt jetzt durch Südafrika und spricht bei jedem Gerichtstermin zu Hunderten Unterstützern.

Mit einem kleinen Tänzchen und seinem altbekannten Kichern schafft es der 82-Jährige, seine Fans zu begeistern, die ihn immer noch „Ubaba“ nennen – Vater der Nation. Sie halten ihm zugute, dass er ohne Schulabschluss Präsident werden konnte, nach Haft auf der Apartheid-Gefängnisinsel Robben Island und trotz ständiger Vorwürfe von Vergewaltigung und Korruption. Zuma inszeniert sich als Mann des Volkes im Gegensatz zu Ramaphosa, der als Geschäftsmann einer der reichsten Männer Südafrikas wurde.

Über 100 politische Aktivisten getötet

Zuma gehört auch zu Südafrikas größter Volksgruppe der Zulu. Deren Provinz KwaZulu-Natal (KZN) um Durban ist eigentlich die größte ANC-Hochburg, droht nun aber zu Zumas Partei MK überzulaufen.

Radikale MK-Anhänger behaupten, der ANC wolle verhindern, dass ein Zulu jemals Südafrika regiert. Der Kampf um KZN wird auch mit Gewalt ausgetragen. Über 100 politische Aktivisten sind in der Provinz seit den letzten Wahlen 2018 getötet worden, zumeist ANC-Mitglieder.

Der ANC weigert sich, die neue Partei MK beim Namen zu nennen, weil sie diesen Namen für sich selbst reklamiert. Sie spricht von der „Zuma-Partei“. Generalsekretär Fikile Mbalula sagte: „Bis zu diesem Tag war und ist der ANC das Herz und die Seele von uMkhonto weSizwe.“

Der ANC betreibt Wahlkampf an Taxisammelstellen, Kirchen und Haustüren. Im verarmten Township Orange Farm kam Präsident Ramaphosa neulich ins Schleudern, als die arbeitslose Universitätsabsolventin Silindokuhle Khoza auf ihn zukam und um Hilfe bei der Arbeitssuche bat.

Ramaphosa riet der jungen Frau, sie müsse „weitersuchen“. Khoza erklärte, sie fühle sich „am Boden zerstört“.

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