Zahlen des Bundeskriminalamts: Mehr rechtsextreme Gewalt
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten ist gestiegen. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) sieht ein „verheerendes Ausmaß“.
Schon im vergangenen Jahr verzeichnete das Bundeskriminalamt (BKA) ein Allzeithoch an politisch motivierter Kriminalität. Vor allem rechtsextreme Straftaten stiegen: um 7 Prozent auf 23.493 Delikte. Die nächste Jahresstatistik wird von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Mai vorgestellt. Aber aktuelle Zahlen weisen jetzt schon darauf hin, dass es erneut einen kräftigen Anstieg geben wird.
Laut Antworten von Faesers Ministerium auf Anfragen im Bundestag, welche die Linken-Gruppe im Bundestag quartalsweise abfragt, gab es im vergangenen Jahr zusammengerechnet 28.945 Straftaten, die vorläufig im Bereich „Politisch motivierte Kriminalität rechts“ erfasst wurden. Das ist ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr – und erfahrungsgemäß kommen durch Nachmeldungen noch mehr Delikte hinzu. Auch bei den rechtsextremen Gewalttaten zeichnet sich ein Zuwachs ab: Hier werden vorläufig 1.270 Delikte gezählt, darunter auch vier versuchte Tötungsdelikte. Im Vorjahr waren es 1.170 Gewalttaten.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke), die die Anfragen stellte, spricht von einem „verheerenden Ausmaß rechter Straftaten“. „In Zeiten, in denen diskriminierende Positionen immer weiter normalisiert werden und rechte Rhetorik allgegenwärtig ist, können sich die Täter in ihrem Handeln legitimiert fühlen“, sagte Pau der taz. Die jüngsten Demokratieproteste gäben zwar Hoffnung, dürften aber nicht ohne politische Konsequenzen bleiben. „Die zugespitzte Situation ist für Betroffene unerträglich und gefährlich“, so Pau.
Laut den Antworten des Innenministeriums schnellten vor allem im letzten Quartal 2023 die Zahlen nach oben. Demnach gab es dort 7.170 rechtsextreme Straftaten – im Quartal zuvor waren es 5.113, im letzten Quartal des Vorjahrs waren es 3.381 Taten.
Der Anstieg könnte mit den Reaktionen hierzulande auf das Hamas-Massaker in Israel im Oktober 2023 und dem folgenden israelischen Militäreinsatz in Gaza zu tun haben. Demnach wurden laut Innenministerium im vierten Quartal vorläufig auch allein 2.782 antisemitische Straftaten gezählt. Das ist bereits mehr als die Zahl aus dem gesamten Vorjahr, als das BKA 2.641 antisemitische Delikte erfasste.
Zudem zeigte sich auch die rechtsextreme Szene wieder deutlich aktiver auf der Straße, was wiederholt auch zu Straftaten führte. Gezählt wurden im letzten Quartal 2023 bundesweit 71 rechtsextreme Aufmärsche oder Kundgebungen – auch dies ein Anstieg. In allen drei Quartalen zuvor waren es zusammen 128.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke