Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie Rechtsextreme Braunschweig entern

Die Parole „WRG Nazi Kiez“ prangte an einer Litfaßsäule. WRG steht für das Westliche Ringgebiet, einem Stadtbezirk Braunschweigs. Hier machte sich die rechtsextreme Szene in den vergangenen Wochen breit. Einer der Betroffenen ist David Janzen. In der Nähe der Wohnung des Journalisten und Rechtsextremismusexperten wurde ein Graffito mit „Janzen Pädo-Schwein“ gesprüht. Janzen war häufiger Ziel solcher Attacken, im vergangenen Jahr schmierten Rechtsextreme eine Todesdrohung an seine Haustür.

Die Fraktion BS, zu der sich Linke, Volt und „Die Partei“ im Rat der Stadt Braunschweig zusammengeschlossen haben, will dem Ausbreiten der Szene im Westlichen Ringgebiet nun mit einem „lokalen Aktionsplan gegen rechts“ entgegenwirken und hat zur nächsten Sitzung des Integrationsausschusses einen entsprechenden Antrag gestellt. „Wenn bekannte Rechtsextremisten versuchen, bestimmte Räume im Stadtgebiet zu besetzen, muss sich insbesondere der Stadtrat dem entgegenstellen“, sagt Ratsherr Udo Sommerfeld (Linke). „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ratsmehrheit aus SPD und Grünen ein Handlungskonzept für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und gegen Rechtsextremismus ablehnt und gehe von einem positiven Ratsbeschluss aus.“

Vermehrt Schulen betroffen

Die Bezirksbürgermeisterin des Westlichen Ringgebiets, Sabine Sewella (Grüne), beschönigt auch nichts. „In den letzten Wochen haben sich bedauerlicherweise Vorfälle gehäuft, die dem rechtsextremen Milieu zuzuordnen sind“, sagt sie. Das Spektrum reiche von Drohungen bis zu Schmierereien. Sie sorge sich vor allem, weil „nun auch Schulen vermehrt von rechtsextremen Schmierereien betroffen sind“.

Nun könnte die Ausbreitung der Szene mit der Eröffnung eines Tattoostudios in einem Haus am Frankfurter Platz neue Dynamik bekommen. Das Haus wird von Johannes Welge verwaltet, der vom Amtsgericht Braunschweig wegen antisemitischer Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Vor Ort lebt der Tätowierer „38ink“. Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich Lasse R., der gern rechts­extreme Motive wie „Ruhm und Ehre“ oder „Wahrheit macht frei“ sticht. Das erste Motiv ist eine Anspielung auf die Waffen SS, das zweite auf eine Konferenz von Holocaust-Leugner:innen. Räume wie Tattoostudios sind Treffpunkte, die zur Stabilisierung der Szene führen und zur Expansion.

Aus der Nachbarschaft kommt Gegenwehr. Im April fand eine Infoveranstaltung statt. Aus der sei der Vorschlag des lokalen Aktionsplans hervorgegangen, sagt Andreas Hoffmann, Sprecher des Braunschweiger Kreisverbandes der Grünen. „Es ist jetzt umso wichtiger, dass sich die Stadt und die Kommunalpolitik dem Problem der rechten Vereinnahmungsversuche im Westlichen Ringgebiet annimmt.“

Hoffmann und Sommerfeld verweisen beide auf Dortmund. Im Stadtteil Dorstfeld hatten Rechtsextreme vor Jahren aus einem Treffpunkt in einem Haus nach und nach eine „national befreite Zone“ geschaffen, hatten An­woh­ne­r:i­nenn bedroht, die wegziehen mussten. 2007 beschloss der Rat der Stadt dann ein Handlungskonzept gegen die Szene, das 2011 in einen Aktionsplan überging. Das hat die Szene immerhin geschwächt. Die Konflikte bestehen aber noch. Im Januar griffen Rechtsextreme in Dorstfeld einen Internet-Blogger an.