Merkwürdige Werbebotschaften: Berliner Polizei ist „Da für dich“
Imagekampagnen sind eine Seuche. Alle möglichen Firmen und Institutionen wanzen sich mehr oder weniger duzend an uns heran. Muss das sein?
Diese sogenannten Imagekampagnen sind eine Seuche. Alle möglichen Firmen und Institutionen wanzen sich mehr oder weniger duzend an uns heran. Mit haha-lustigen Wortverdrehungen, Logos, coolen Sprüchen und schicken Bildern. So reicht es der Berliner Stadtreinigung schon lange nicht mehr, sauber zu machen – sie ist auch witzig, ist eine Marke, ist gebrandet. Das kommt aus der Werbesprache, doch eigentlich gehört Branding zu einer Herde: Brandzeichen markieren, wer Eigentümer des Viehs ist – es ist sozusagen „da für dich“, wenn auch nicht aus freien Stücken.
„Ein Leben lang für Sie da – mit Sicherheit!“ siezt immerhin die Deutsche Rentenversicherung, merkt jedoch nicht, wie misstrauisch so ein Ausrufezeichen machen kann. Ähnlich euphorisch der kommunale Klinikkonzern Vivantes: „Wir begleiten Sie von der Geburt bis ins hohe Alter“ – hm, will man das?
Die evangelische Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord versichert, „eine lebendige Innenstadtgemeinde“ zu sein. Und das Handwerk findet mit fragwürdiger Kommasetzung: „Zeit, zu machen“.
„Da kannste wasserleben“
Die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) betont dagegen: „Arbeit beschäftigt uns“ – niedlich, aber seit wann müssen außer Privatunternehmen auch Bundesländer und Socialmedia-Accounts (vormals Individuen) Slogans haben? Glauben sie sich das eigene Dasein nicht, wenn nicht Unmengen (Steuer-)Geld in Schnickschnack von „Da kannste wasserleben“ (Berliner Bäderbetriebe) fließt, direkt auf Konten von Werbeagenturen – anstatt zum Beispiel in die Sanierung von Schwimmbädern?
Warum muss denn so was wie die Polizei zur Marke werden, als wären sie eine Ware, als stünde sie zu Markte? Seit wann brauchen nicht nur Eissorten oder Sportschuhe, sondern auch Schulen, Kneipen, Parks und die Bundesagentur für Arbeit („bringt weiter“) ein „Branding“? Zumal die Slogans beliebig austauschbar sind: Die BDA könnte genauso gut mit „bringt weiter“ werben wie das Arbeitsamt mit „Arbeit beschäftigt uns“.
Zur Autorin: Katharina Körting ist Arbeitsstipendiatin für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind