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Erinnerung an den Palast der RepublikPhantomschmerzen mit Pauken

Im Berliner Schloss wurde just zu Ostern mit dem Gedanken an Auferstehung dem Ort gehuldigt, der ihm einst weichen musste: der Palast der Republik.

Das war der Palast der Republik, mit den dazu passenden Automodellen Foto: Wikimedia Commons / Istvan, CC-BY-SA 3.0

D as Berliner Schloss zeugt von einer seltsamen Sehnsucht. Da will man was zurück, was seine Zeit doch schon vor sehr langer Zeit gehabt hatte und jetzt eben als Barocksimulation in der Mitte der Stadt aufgebaut steht mit ihren Simsen und Säulen. Alles so „echt“ wie möglich.

Wundern will man sich, dass vor dieser Kulisse nicht eine Haltestelle für Postkutschen eingerichtet wurde, falls der Kaiser nicht doch mal mit standesgemäßer Anfahrt auf einen Besuch vorbeischauen will. Aber die Haltestelle kann ja noch kommen. Noch ist man nicht fertig mit dem Rekonstruieren. Vor wenigen Wochen erst wurden nach historischem Vorbild gefertigte übermenschgroße Statuen von biblischen Propheten auf die Balustrade um die Kuppel gehievt.

Es ist eine Geschichtsbesessenheit um das Schloss. Und halt auch eine Verdrängung von Geschichte. Denn da, wo es nun steht, stand doch einmal der Palast der Republik. Die prominente Ansichtskarte eines Landes, das es genauso wenig mehr gibt wie das deutsche Kaiserreich. Die DDR. Allerdings bejammerten auch Menschen, die diesem Staat bestimmt keine einzelne Träne hinterherheulen wollten, die Schleifung des 2008 abgeräumten Palastes. Nicht wenige haben weiter visuelle Phantomschmerzen, wenn sie nun auf das Schloss schauen müssen.

Tatsächlich soll der Palast in diesem Jahr ein thematisches Leitmotiv sein im Humboldt Forum (der museale Inhalt des Stadtschlosses). Im Mai startet eine große Ausstellung zum Palast der Republik. Alte Wunden werden wieder aufgerissen, was man als einen notwendigen Diskussionsprozess begreifen kann und auch als eine Überheblichkeit, die hier stachelgleich drin steckt. Selbst wenn man im Humboldt Forum überhaupt nicht überheblich sein will (aber das berührt ein recht prinzipielles Dilemma dort). Der Palast, er ist halt nun mal weg. Und er kommt auch nicht wieder.

Mit mildem Jazzrock durch die Räume des Palastes

In einem Vorspiel zum Palast-Programm gab es zu Wiederauferstehungs-Ostern eine musikalische Annäherung an die einstige Vergnügungsstätte der DDR: „Mit Pauken und Palästen“, es spielte das Resident Music Collective des Humboldt Forums. Das hätte man nun in einer Art musikalischen Rekonstruktion auch als ein Kessel Buntes anrichten können mit der Musik der vielen Stars aus Ost und West, die einst im Palast der Republik gastierten, Frank Schöbel, die Puhdys, Miriam Makeba, Harry Belafonte, Katja Ebstein. Natürlich Udo Lindenberg.

Machte man aber nicht. Stattdessen arbeitete sich das sehr international besetzte Ensemble meist mit einem milden Jazzrock durch die Räume des niedergerissenen Palastes. Wo man sich jeweils befand – vom Foyer zum Großen Saal und so weiter –, wurde auf einer Leinwand verkündet, wo auch noch mal symbolisch die Lichter des berühmten Laternenensembles des Palastes angeknipst wurden.

Taumelnde Architekturmodelle

Überhaupt passierte da immer eine ganze Menge, mit Videos von taumelnden Architekturmodellen. Es gab szenische Elemente. Durch die Publikumsreihen wurde getanzt, zwischendurch wurde das Publikum aufgefordert, selbst musikalisch tätig zu werden, das Ensemble zerfaserte in Einzelstimmen, übte sich in Dialogen und fand immer wieder zurück ins Kollektiv.

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Fast möchte man es einen musikalischen Show-Sozialismus nennen, der sich auch wirklich so interessant hörte, dass man bei der Musik gar nicht mehr fragen wollte, was das nun mit dem Palast zu tun hatte. Manchmal. Viel öfter aber erschöpfte sich die Musik in fingerschnippender Beliebigkeit. Also fragte man sich doch: War das eine Anrufung? Eine musikalische Beschwörung? Eine Bannung?

Oder hatte man es mehr mit einer Bespaßung zu tun?

Überall waren betont gut gelaunte Gesichter zu sehen. Das sehr heterogene Publikum – Kinder, Erziehungsberechtigte, viele Ältere und vielleicht auch ein paar Touristen, die nach der Schlossbesichtigung gleich noch ein Konzert mitgenommen hatten – tat der Musik den Gefallen und groovte ein wenig mit. Hier und da war ein sachter Hüftschwung zu sehen. Der Palast der Republik wurde einfach weggeschubst.

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Thomas Mauch
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1960, seit 2001 im Berlinressort der taz.
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3 Kommentare

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  • Die Alliierten haben mit der Aufteilung der Länder nach dem 2. Weltkrieg und mit der Auflösung der DDR gemeinsam die Zukunft der Bürger vorbestimmt.



    Manche haben binnen kurzer Zeit zum zweiten Mal die Heimat verloren.

    Die fehlende Anerkennung u. a. von Abschlüssen im Beruf und vom Studium zeigte Wirkung und viele sind in den Westen gezogen oder haben Deutschland verlassen.

  • 1989 wollten die Ostdeutschen ihr System grundlegend verändern. Daraus wurde die Wiedervereinigung. Der Freiheitswille ging Hand in Hand mit dem Verlangen nach der D-Mark. Am Ende kam es zu einem Identitätsverlust der bis heute anhält und von den Bürgen der alten Bundesländer nicht verstehen werden kann. Das ist auch absolut vorwurfsfrei gemeint. Sie waren nie in der Situation und können es nicht wissen.

    Ein Teil dieses Identitätsverlustes hat auch mit dem Palast zu tun. Und betrifft eben auch viele Menschen, die durchaus kein Fan der DDR oder sogar deren Gegner waren.

    Dieser Identitätsverlust zieht sich wir ein roter Faden durch die Zeit nach der Wiedervereinigung. Und wenn auch heute noch regelmäßig im Fernsehen Sendungen zum Unrechtsstaat DDR laufen, jedes Mal um den 3.Oktober wieder nur das Negative aufgewärmt und nicht an die Menschen, die damals auf die Strasse gingen gedacht wird, ist das doch alles ein Teil dieses roten Fadens. Viele Menschen im Osten haben ihre Identität verloren, ihre Heimat auch. Und die heutige Schwarz - Weiss - Stigmatisierung erinnert sie an die fehlende Meinungsfreiheit im Osten. Woher soll da die Liebe zum Stadtschloss oder zumindest dessen Akzeptanz kommen? Steht es doch für viele für Ignoranz und Arroganz.

    • @Jens Barth:

      Ich als Westdeutscher, eigentlich Süddeutscher wäre sofort dabei, dieses blöde Schloss zurückzubauen und den Palast originalgetreu zu rekonstruieren.

      Er war einfach interessanter.