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Mitgliederbefragung zum ParteivorsitzAb geht die SPD-Post

8.300 Stimmzettel sind nun auf dem Weg. Der Rest will online über Berlins künftige SPD-Doppelspitze entscheiden. Abstimmschluss ist am 19. April.

Schon am 20. April könnte klar sein, welches dieser drei Duos künftig die Berliner SPD anführt – aber nur bei absoluter Mehrheit Foto: Hannes P. Albert (dpa)

Berlin taz | Ein gelbes Postauto steht mit Warnblinker vor der SPD-Zentrale in Wedding. Der Fahrer wartet schon im Eingang des Gebäudes, das nach der sozialdemokratischen Ikone Kurt Schumacher benannt ist. Was er mitnehmen soll, steht auch schon bereit: 43 gelbe Postkisten, jeweils etwa so groß wie drei, vier Schuhkartons. Darin: die Unterlagen für die Mitgliederbefragung über den künftigen Landesvorsitz. Warten muss er noch, weil es ja wenigstens ein schönes Pressefoto geben soll, wenn schon drei Duos mit teils heftigen Vorwürfen um die Doppelspitze der Berliner SPD streiten und eine solche Abstimmung nötig machen.

Der Mann, der das alles organisiert und mit einlädt, ist Landesgeschäftsführer Sven Heinemann, zugleich langjähriges Mitglied der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Nachdem alles verladen und das Postauto abgefahren ist, rattert der für eine Handvoll Journalisten die damit verbundenen Fakten runter: 8.300 der rund 18.000 Mitglieder erhalten ihre Abstimmunterlagen über das gelbe Auto und die Post, 305-mal auch im Ausland, bis nach Argentinien.

Der Rest hat sich entschieden, online abzustimmen. Das ist ab Freitag und dann zwei Wochen lang möglich, bis zum 19. April, wenn auch die nun verladenen Stimmzettel wieder zurück sein müssen. Beim Mitgliedervotum im Frühjahr 2023 über den Koalitionsvertrag mit der CDU war ein Onlinevotum noch nicht möglich, anders als bei einer Urabstimmung über den SPD-Bundesvorsitz 2019.

Zum Sieg ist die absolute Mehrheit nötig, also 50 Prozent plus eine der abgegebenen Stimmen. Schafft das keines der drei Duos – neben Stimmzettel und Rück­umschlag liegt den Wahlunterlagen auch je eine zweiseitige Vorstellung bei –, gibt es einen zweiten Wahlgang.

Der würde am 2. Mai starten – für den Landesgeschäftsführer nicht die beste aller Möglichkeiten. Am 21. April geht nämlich schon ein ganz anderer Wahlkampf los: der zur Europawahl. Da wäre es praktischer, wenn die Vorstandswahl durch wäre, oder? „Absolut“, bestätigt Heinemann.

Als die Berliner SPDler letztmals direkt über eine Landespersonalie abstimmen konnten, nämlich 2014 über die Wowereit-Nachfolge im Amt des Regierungschefs, war die Sache tatsächlich schon im ersten Wahlgang erledigt. Michael Müller, der dann bis Ende 2021 regierte, holte 59,1 Prozent. Dabei setzte er sich auch gegen einen durch, der nun wieder auf dem Stimmzettel steht: den aktuellen Parteichef Raed Saleh.

Damit das auch gilt, was am Ende von Runde eins am 20. April ausgezählt wird, muss sich mindestens ein Viertel der Mitglieder beteiligen. Das scheint gesichert: Beim Koalitionsvotum 2023 stimmten fast zwei Drittel mit. Theoretisch gibt es zwar noch eine Hürde: dass der letztlich zuständige Landesparteitag am 25. Mai nicht das Siegerduo wählt. Rechtlich ist die Abstimmung bloß eine Befragung und nicht bindend für die rund 260 Parteitagsdelegierten. Doch dass die davon abweichen? „Das schließe ich aus“, sagt Heinemann.

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