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Verhandlungen zwischen Bern und BrüsselEU gibt der Schweiz neue Chance

Nach drei Jahren verhandeln Bern und Brüssel erneut über ihre komplizierte Beziehung. Schweizer EU-Gegner:innen sprechen von „Unterwerfungsvertrag“.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Viola Amherd, Bundespräsidentin der Schweiz Foto: Olivier Hoslet/epa

berlin taz | Sie trägt rotes Jackett und weiße Bluse: Ob die EU-Kommissionspräsidentin mit Absicht die Farben der Schweiz angezogen hat? Jedenfalls ging Ursula von der Leyen am Montagmorgen auf die Schweiz zu. Man habe hart gerungen, aber: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen“, sagte von der Leyen nach dem Treffen mit der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd. Aus Bern war Amherd für den Startschuss der Neuverhandlungen der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU nach Brüssel gereist.

Unter anderem ging es um die Aktualisierung bestehender Vereinbarungen sowie um neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Außerdem um eine Beteiligung der Schweiz an der Europäischen Weltraumagentur und an der EU-Eisenbahnagentur, die sich um den kontinentalen Schienenverkehr kümmert.

Vor knapp drei Jahren hatte die Schweiz die Verhandlungen mit der EU platzen lassen. Doch schon bald wurden neue Gespräche aufgenommen und bereits im März Verhandlungsmandate verabschiedet. Das ging zwar schnell, ist aber nicht erstaunlich. Denn obwohl die Schweiz ein relativ kleines Land ist, geht es bei den neuen Verhandlungen wirtschaftlich um viel. Die EU ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz, die Schweiz wiederum der viertgrößte Handelspartner der EU.

Von der Leyen erwähnte am Montag auch, dass das Volumen des Schweizer Handels allein mit Baden-Württemberg und Bayern zusammen größer ist als der gesamte Handel der EU mit China. Darüber hinaus leben etwa anderthalb Millionen EU-Bürger:innen in der Schweiz und rund eine halbe Million Schwei­ze­r:in­nen in der EU, hunderttausende EU-Bürger:innen pendeln täglich über die Grenze, um in der Schweiz zu arbeiten.

Totalopposition der Rechtspopulisten

Aber: Die Schweiz ist weder Mitglied der EU noch des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Seit dem Nein zum EWR-Beitritt der Schwei­ze­r:in­nen in einer Volksabstimmung von 1992 verfolgt das Land einen gesonderten Weg an der Seite der EU. Die Kommission schloss mehr als 100 bilaterale Verträge mit der Schweiz ab, doch dieses Verhältnis muss immer wieder neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Politisch ist das nicht einfach, da die EU die Schweiz nicht besser behandeln will als ihre Mitgliedstaaten. Gleichzeitig setzt in der Schweiz in Sachen EU die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) auf Total­opposition, die Gewerkschaften befürchten Lohndumping.

Weil einst das Rahmenabkommen scheiterte, versuchen es Bern und Brüssel nun mit dem sogenannten Paketansatz, aus dem einzelne Teile herausgelöst werden können. „Für die Schweiz gilt es, den Zugang zum europäischen Markt zu wahren“, sagte Viola Amherd. Zusätzlich geht es darum, dass die Schweiz wieder beim Forschungsprogramm Horizon und beim Studierendenprogramm Erasmus mitmachen darf. Zugleich müsse die Zuwanderung „arbeitsmarktorientiert“ sein und der Schutz der Löhne gewährleistet werden – damit soll der Kritik von SVP und Gewerkschaften begegnet werden.

Hauptstreitpunkt innenpolitisch sind die „institutionellen Elemente“ im Paket, wonach der Europäische Gerichtshof im Streitfall die Hoheit über die Rechtsauslegung hat und die Schweiz EU-Recht künftig „dynamisch“ übernehmen müsste. Die SVP spricht darum von „EU-Unterwerfungsvertrag“.

Von der Leyen will die Verhandlungen Ende 2024 abschließen – angesichts des langsamen Schweizer Politbetriebs sportlich. Denn so viel ist klar: In der Schweiz wird es eine Volksabstimmung über das neue EU-Paket geben.

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1 Kommentar

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  • Da kann man nur hoffen, dass diesmal die Ergebnisse der Verhandlungen besser sind, so dass man dem in der Schweiz auch zustimmen kann.



    Gerade im Bereich Lohndumping darf die Schweiz keinesfalls nachgeben. Die Auswirkungen von den vielen Grenzgängern und Einwanderern aus den EU Staaten spürt man schon seit Jahren deutlich auf dem Arbeitsmarkt. Vor allem in den niederen und mittleren Lohnsegmenten gibt es Druck. Gut gibt es starke Gewerkschaften in der Schweiz.