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Europawahl und die AfDDoppelt so viel Zustimmung

Junge Menschen finden die EU gut. Gleichzeitig sprechen viele der AfD die Fähigkeit zu, europäische Probleme zu lösen.

Die AFD-Propaganda erreicht leider auch die Jungwähler Foto: Funke Foto Services/imago

Berlin taz | An der Wahl des Europaparlaments im Juni dürfen erstmals auch 16- und 17-Jährige teilnehmen. Ganze sieben Jahrgänge dürfen damit erstmals ihr Kreuz setzen. Laut einer Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung halten 14 Prozent der Erstwähler die AfD „am ehesten geeignet, die anstehenden Probleme in Europa zu lösen“. Damit ist die extrem rechte Partei mit der SPD – die ebenfalls auf 14 Prozent kommt – die stärkste Kraft unter Erstwählern. Gefolgt von den Grünen mit 13 Prozent.

Der Anteil der potenziellen AfD-Wähler ist unter den 16- bis 22-Jährigen laut der Studie mehr als doppelt so hoch wie unter allen Wahlberechtigten. Insgesamt kommt die AfD demnach auf 6 Prozent. Den größten Unterschied gibt es bei der Prognose für die Union. Der Durchschnitt der Bevölkerung nennt am häufigsten CDU/CSU, sie kommen auf 22 Prozent. Von den Erstwählern halten hingegen nur 8 Prozent die Union für kompetent, die Aufgaben Europas zu lösen.

Besonders bitter sieht es für die FDP aus. Insgesamt werden die Liberalen nur von 2 Prozent aller Wahlberechtigten für geeignet gehalten, unter den Erstwählern ist das sogar nur 1 Prozent. Die Linke findet bei jungen Menschen mehr Anklang. 6 Prozent halten sie für fähig, europäische Probleme zu lösen. Unter allen Wahlberechtigten sind es dagegen nur 2 Prozent.

Junge Männer wollen der Studie zufolge deutlich konservativer wählen als junge Frauen. Bei ihnen kommt Die Linke auf 13 Prozent, bei den Männern nur auf 1 Prozent. CDU/CSU erhalten dagegen bei jungen Männern deutlich mehr Zuspruch: 18 Prozent von den Erstwählern, nur 1 Prozent von den Erstwählerinnen. Die AfD haben von den unter 22-Jährigen Männer und Frauen gleich häufig genannt; die Studie führt nur zwei Geschlechter auf.

Erstwähler für EU-Verbleib

Diese hohe Zustimmung zur extremen Rechten unter den Erstwählern scheint deshalb überraschend, weil gleichzeitig der Großteil von ihnen die EU unterstützt. 81 Prozent halten Deutschlands Mitgliedschaft in der EU für eine gute Sache. 86 Prozent würden im Falle einer Volksabstimmung für den Verbleib in der EU stimmen. Damit liegen die Werte auf einem ähnlichen Niveau wie der gesamten Bevölkerung.

Bei den Vorteilen, die Deutschland durch seine Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat, sind die Jüngeren optimistischer als der Bevölkerungsdurchschnitt. 75 Prozent der 16- bis 22-Jährigen sind der Ansicht, es gehe Deutschland besser, weil es in der EU ist. Unter allen Wahlberechtigten sehen das nur 53 Prozent so.

Politische Aktivitäten der EU erwarten alle Wahlberechtigten vor allem beim Thema Klimaschutz. Bei den jüngeren Befragten ist die Forderung noch stärker ausgeprägt. Und in der gesamten ­Bevölkerung wird der Wirtschaft eine ähnlich hohe Priorität wie dem Klimaschutz zugeordnet.

Weitere Themen, die für die Wähler wichtig sind, sind Verteidigung und Migration. Der Studien-Autor Jochen Roose sagte, die Jüngeren erhielten durch das heruntergesetzte Wahlalter zwar etwas mehr Einfluss, eine grundsätzliche Veränderung des Wahlergebnisses erwarte er dadurch allerdings nicht.

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11 Kommentare

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  • Dass die jungen Wähler einer Partei, die erklärtermaßen aus der EU austreten will, am ehesten zutraut, die Probleme in Europa zu lösen, sollte den etablierten Parteien aber kräftig zu denken geben.

    Ein Armutszeugnis für sie.

  • Nur 53% aller Wahlberechtigten glauben, dass es Deutschland in der EU besser geht? 47% glauben das nicht? So viel Dummheit ist zum Verzweifeln!

    • @Benedikt Bräutigam:

      Zum Teil ist es schlicht die Frage, was Sie unter "Bessergehen" verstehen.

  • "Der Anteil der potenziellen AfD-Wähler ist unter den 16- bis 22-Jährigen laut der Studie mehr als doppelt so hoch wie unter allen Wahlberechtigten. (...) Diese hohe Zustimmung zur extremen Rechten unter den Erstwählern scheint deshalb überraschend, weil gleichzeitig der Großteil von ihnen die EU unterstützt."



    Naja wer die Gedankenwelt rechter Vordenker und Narrative teilt, für den ist aktuell zuallererst die Migration aus dem arabischen Raum und Afrika das größte Problem - 'der Feind' kommt nicht wie zu Opas Zeiten aus Polen, Frankreich oder sonst wo in Europa, sondern ganz klar von außerhalb.



    Die AfD ist zwar EU feindlich laut Parteibuch, im Alltagsgeschäft spielt das aber meiner Wahrnehmung nach eher selten eine Rolle - UND wenn, dann man muss hier nochmal klar zwischen der EU als Institution und Europa als Kontinent unterscheiden.



    Europa als weiße Heimat ist rechter Konsens, Brüssel wird gehasst wegen fehlender Härte in der Verteidigung der Außengrenzen vor den 'Kopftuchmädchen und alimentierten Messermännern die Deutschland und Europa überrennen' - um es mal in deren menschenfeindlicher Sprache auszudrücken. Insofern ist ein rechtes Weltbild und 'Europaliebe' kein Widerspruch.



    UND - die AfD ist schlicht die einzige Partei auf dem Wahlzettel die eine geschlossen rechte Agenda vertritt, das gibt ihr den Vorteil ein sehr breites Spektrum an Interessengruppen auf sich vereinen zu können 🤷‍♂️

  • Wohler weiss man denn, das die AfD-Wähler (14%) und die EU-Liebhaber (86%) die selben sind?

  • "Der Anteil der potenziellen AfD-Wähler ist unter den 16- bis 22-Jährigen laut der Studie mehr als doppelt so hoch wie unter allen Wahlberechtigten."

    Da ist anscheinend etwas bei der Sozialisierung gründlich schief gegangen. Für Europa und die EU sein und dann die AFD wählen.

    Falls das hier jemand liest, der zur obigen Altersgruppe gehört und nicht so recht versteht, was ich hier von mir gebe oder noch unschlüssig ist hinsichtlich seiner Wahlentscheidung. Kurze Erläuterung:

    Die AFD, das ist die Partei, die gerne möchte das Deutschland aus der EU austritt, die Partei, die wenn möglich auch gerne die Demokratie abschaffen möchte und dann ist nichts mehr mit wählen gehen. Und liebe Frauen, die ihr eventuell der AFD zugeneigt seit. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ihr etwas klüger wäret als die jungen Männer und euch nicht blenden lasst von falschen Versprechungen und von Kameradschaftsabenden, Zeltlager, Wanderungen und anderen "Altherrengedöns". Habe ich mich wohl geirrt. Da habe ich jetzt eine schlechte Nachricht für euch: Die netten Onkelz von der AFD halten nichts von Gleichberechtigung und haben auch für Frauen nicht besonders viel übrig (ausser die klassische Rollenverteilung der 50er wieder herstellen).



    Denkt nochmal genau darüber nach, wen ihr da eure potentielle Stimme gebt.

    So, das war jetzt mein Anteil zur politischen Aufklärung! Mehr fällt mir zu dem Artikel auch nicht ein.

    Und vorbeugend: Ich weiß, der Appell wäre eigentlich besser in den Kommentaren der Welt aufgehoben. Habe ich aber keinen Account für.

    • @Sam Spade:

      Ich sehe die größten rechte Community auf youtube. Es ist unglaublich wieviele Kanäle da rechte Narrative wiedergeben. Und welche Menge an Klicks das generiert. Erschreckend wieviele Menschen ohne jegliche Medienkompetenz den Rattenfängern Vertrauen schenken.

    • @Sam Spade:

      Nicht vergessen: Die genannten Ziele der angeblichen "AfD" (EU-Austritt, Demokratieabbau etc.) sind ja kein Selbstzweck, sondern dienen größeren Plänen:



      EU- und NATO-Austritt sind die Vorbereitung für den Eintritt in ein russisch dominiertes Neo-Eurasien, der Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dient den geplanten maßgeschneiderten Gesetzen für die angekündigte wohltemperierte Grausamkeit.



      Ein Schelm wer da Ähnlichkeiten zu Dugins Plänen sieht?

      Und die 3 größten Probleme der EU sind nach den TikTok-Videos von "AfD" und Vorfeld natürlich Migranten, Migranten, Migranten und Migranten1!11 Wer der "AfD" eine Kompetenz bei der Lösung europäischer Probleme zuschreibt zeigt damit nur, wo er/sie denken lässt.

  • Man sollte, bevor man über die niedrigen Prozentangaben staunt (AfD 6% Gesamtergebnis? Wäre ja fast traumhauft ...), dazu sagen, dass etwa die Hälfte der Befragten entweder "keine Partei" oder "weiß nicht" geantwortet haben.

  • Bisher hat keine rechte Partei irgendein echtes oder aus den Fingern gesaugtes Problem lösen können.

  • "86 Prozent würden im Falle einer Volksabstimmung für den Verbleib in der EU stimmen." — die restlichen 14% würden die AfD wählen? WO istt die Überraschung?